Stilkritik der Woche: Bambi oder Berlinale? Egal, Hauptsache Kristen Stewart

Zur Eröffnung der Filmfestspiele erschien die Chefjurorin in einer Robe mit Reh-Print. Nicht ihre einzige kuriose Kleiderwahl der vergangenen Tage.

Beruhigen Sie sich! Berlin ist aus dem Häuschen, weil Stilikone Kristen Stewart in der Stadt ist.
Beruhigen Sie sich! Berlin ist aus dem Häuschen, weil Stilikone Kristen Stewart in der Stadt ist.AFP

Berlin ist aus dem Häuschen, Kristen Stewart ist in der Stadt: Mit ihr hat die diesjährige Berlinale eine der international profiliertesten Schauspielerinnen als Jury-Präsidentin. Erst vor kurzem erreichte die 32-Jährige mit ihrer Rolle der Prinzessin Diana in der Netflixserie „Spencer“ einen neuen Höhepunkt ihrer Karriere. Schauspielern kann sie, das ist mittlerweile klar. Über die von ihr getragene Mode lässt sich indes streiten. 

Look 1: In Haute Couture von Chanel

Glitzerfliege und Rüschen: Da rettet auch der lässige Vokuhila nichts mehr.
Glitzerfliege und Rüschen: Da rettet auch der lässige Vokuhila nichts mehr.AFP

Seit 2014 ist Stewart Markenbotschafterin von Chanel und war eine Muse des 2019 verstorbenen Designers Karl Lagerfeld. Er begleitete Stewart über die Jahre bei ihrer modischen Evolution: Unter dem Styling von Chanel wichen ihre braven, schlichten Kleider und die langen, braunen Haare und machten diversen Kurzhaarfrisuren, dunklem Eyeliner und gewagten, frechen Outfits Platz.

Seit ihrem Coming Out als lesbische Frau wird sie insbesondere von der queeren Community für ihren selbstbewussten, stilsicheren Auftritt gefeiert. Stewart kann mal rockig, mal sexy, mal feminin, mal maskulin. Vielfältige Stilaussagen, bei denen sie stets auch die Marke Chanel unterstützte. Nach Lagerfelds Tod trat Virginie Viard in dessen Fußstapfen und übernahm das Kreativdirektorat im Pariser Modehaus. 

In einem von Viard entworfenen Haute-Couture-Kleid der gerade erst erschienen Frühjahrskollektion beschritt Stewart vergangene Woche den roten Teppich der Berlinale – bisher ihr extravagantestes Outfit der Filmfestspiele. Doch der Look enttäuschte: Stewart sah in dem knöchellangen Kleid mit voluminösem Rüschenrock verkleidet aus.

Wahrscheinlich war die Idee, dem verspielten Kleid durch die Schauspielerin mit Vokuhila-Frisur einen markanteren  Anstrich zu verleihen. Allerdings schliff das Kleid alle Ecken und Kanten ihrer sonst so ausdrucksstarken Persönlichkeit ab; zurück blieb nur die Verwirrung über die Wahl dieses Ballkleides.

Über die Gesamtkomposition der Robe lässt sich aber auch streiten, wenn nicht gerade Stewart drinsteckt: Die vielen weißen Rüschen wären schon an sich ein starkes Stück, mit dem bestickten Korsett und der Glitzerfliege zusammen wirkt dann alles nochmal überladener. Und wer genau hinsieht, entdeckt zwischen Blumen auch noch Rehe in den Stickereien. Bei den Bambi-Verleihungen wäre das Ballkleid also wenigstens ein thematischer Treffer gewesen.

Die Muster der gesamten Haute-Couture-Kollektion sind von den Tierfiguren aus Gabrielle Chanels Apartment inspiriert; das Modehaus neigt dazu, nostalgisch in seinen Gründungszeiten zu schwelgen. Der Anspruch, einen modernen Twist einzuarbeiten, scheint hierbei aus dem Blick geraten. 

Momentan schafft es das Label öfter mal nicht, ihre Markenbotschafterinnen richtig einzukleiden. Auf Twitter trendet gar der Hashtag #freemargotrobbie, mit dem Userinnen und User gegen die Stilentscheidungen rund um Schauspielerin Margot Robbie protestierten, die sich ebenso als Chanel-Botschafterin verdingt. 

Look 2: Oben ohne im Hosenanzug

Wie auf den Leib geschneidert: Der Chanel-Hosenanzug steht ihr super.
Wie auf den Leib geschneidert: Der Chanel-Hosenanzug steht ihr super.Invision

Bei diesem Outfit ist das gelungen, was beim Oberen schief ging: Der klassische Look des  Hosenanzuges aus Tweed wurde aufgebrochen; einfach durch ein wenig nackte Haut. Stewart trug unter ihrer Jacke nämlich scheinbar nichts – und sah einfach top aus. 

Das einzige, was es dieses Mal zu bemängeln gäbe, wäre der Vokuhila. Der ist nämlich arg zerzaust. Die Haare angeschwitzt aussehen zu lassen, scheint immer mehr zum Trend zu werden. Zwar kann so ein „Wet Hair Look“ einem Outfit das gewisse Etwas verleihen – auf den „Sweat Hair Look“ könnte man indes gern verzichten. 

Vokuhilas sind sicher eine der meistgehassten Frisuren: An Kristen Stewart sieht der Schnitt allerdings cool aus.
Vokuhilas sind sicher eine der meistgehassten Frisuren: An Kristen Stewart sieht der Schnitt allerdings cool aus.AFP

Look 3: Thom-Browne-Mantel und Handstulpen

Hier hat sie die Stulpen schon abgestreift: Stewart in Thom Browne.
Hier hat sie die Stulpen schon abgestreift: Stewart in Thom Browne.imago

Fernab vom roten Teppich zeigte sich Kristen Stewart zur Abwechslung bei einer Podiumsdiskussion nicht in Chanel, sondern in einem Mantel von Thom Browne, ein von ihr gern getragenes, avantgardistisches US-Label. Stewart, die im Alltag häufig leger gekleidet ist, kombiniert die Jacke mit schlichtem T-Shirt und löchrigen Jeans. Insgesamt ist der Look nicht besonders ausdrucksstark. Aber wer kann es Stewart verübeln, dass sie ab und zu auch mal unspektakulär gekleidet erscheinen will?

Legendär zum Beispiel ihre Protestaktion gegen die strengen Kleiderregeln der Filmfestspiele in Cannes, die für weibliche Gäste einen High-Heel-Zwang vorsehen: Auf ihrem Gang über den französischen roten Teppich zog sich Stewart ihre Stöckelschuhe im Jahr 2018 öffentlichkeitswirksam aus. So viel Selbstverwirklichung muss sein. Aber: Die grauen Handstulpen, die sie nun in Berlin zum Thom-Browne-Look trug, sind hingegen unverzeihlich. Nicht in dieser Kombination, bitte.