Mailand-Die mit Spannung erwartete Prada-Kollektion Spring/Summer 2021 kann schon rein formal als Meilenstein in der Modehistorie gelten. Nie zuvor haben sich zwei unabhängig voneinander zu Weltruhm gelangte Designer zusammengetan, um gemeinsam eine Kollektion zu entwickeln. Mit dem Belgier Raf Simons – bekannt für sein kreatives Weitertreiben der Markenstile von Jil Sander, Dior und zuletzt Calvin Klein sowie seine eigene Herrenlinie – arbeitet nun erstmals ein gleichberechtigter Co-Designer an der Seite von Miuccia Prada.
Der fensterlose, von fließend langen Vorhängen eingefasste Raum der Präsentation erinnerte an den tiefroten Albtraum aus David Lynchs Twin Peaks, allerdings hier in ein warmes, zeitgenössisches Gelb getaucht. Konzipiert von Rem Koolhaas‘ OMA/AMO, wirkte das Set wie ein Futurium voller Optimismus und Komfort. Die hindurchschreitenden Models: androgyn, zart, Gender Studies in ihrer schönsten Form. Wer ist Mann, wer Frau? Und vor allem: Spielt das überhaupt noch eine Rolle?

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Jedenfalls war es die reine Weiblichkeit, die man hier sah, anmutig und kraftvoll zugleich. Die Kleider, leichten Mäntel und Kombinationen wirkten ungemein souverän designt und in ihrer suggestiven Variierbarkeit von der Persönlichkeit der Trägerin dominiert. Eine neue Art Uniform, die einfach nur erfreuliche Lebensbegleitung ist und auf alle Kampfansagen verzichten kann.
In meisterlich geediten 40 Prada-Looks (im Vergleich zu den je 51 der beiden Vorjahre) konzentrierten sich die zwei Mode-Essenzialisten auf das Wesentliche ihrer Codes. Da traf die X-Silhouette der Kleider von Miuccia auf die kokonförmigen Mäntel von Raf. Der typische Prada-V-Ausschnitt layerte dioreskes Rosenrosa, punktförmig durchlöcherter Strick oder weißes Hoodie-Sweatshirt ergänzen wadenlange Röcke. Ärmellose Shiftkleider tragen das Prada-Logo riesengroß über dem Schlüsselbein, als wäre es ein Clubwappen.
Dazu neue Nylon-Accessoires, vielseitig um den Körper schlingbar, mal als Sportbustier und mal als Mikromini über der Hose. Und nur eine einzige Schuhform, in verschiedenen Farben. Die Absätze dieser Sling-Mules sind gerade so hoch, um einen zarten wie energischen Auftritt hinzulegen. Perfekt.

Die Quintessenz der Kollektion: eine zeitgenössische Form von Eleganz, ja Schönheit. Man will so aussehen, man will es im Kleiderschrank haben. Weil es eine andere, freundlichere Form von Selbstsicherheit verspricht. Es sind keine alltäglichen Kleider, aber sie sind für alle Tage der Woche statt bloß für den einen, besonderen Abend.
In der halbstündigen Live-Audienz im Anschluss an die Show beantworteten Miuccia Prada und Raf Simons Fragen, die zuvor online aus der ganzen Welt eingereicht werden konnten. Mode sei für sie „an instrument for your life“, erklärte Signora Prada in einer ihrer Antworten. Auf diesem Prada-Instrument lässt sich die eigene Lebenssonate jedenfalls konzertreif spielen.