Paartherapeut: Das Rezept für ein unglückliches Leben ist die Wahl des falschen Partners
Sie fragen, unser Mann für die Liebe antwortet. Dieses Mal schreibt uns Dirk. Er will wissen, ob schlechter Sex ein Warnzeichen für die Liebe ist.

Dirk, 34: Lieber Herr Lenné, ich habe eine wunderbare, liebevolle Beziehung, aber der Sex macht mir nicht wirklich Spaß. Ich träume von meiner Ex-Freundin, was das Sexuelle betrifft. Aber emotional bin ich mit meiner aktuellen zufriedener. Was mache ich jetzt? Ist Sex echt so wichtig? Oder ist es ein Warnsignal? Sollte ich mich gar trennen?
Lieber Dirk, ja, das wäre schön, wenn wir immer alle wichtigen Wünsche und Bedürfnisse auf eine einzige Person richten könnten. Wir hätten sicher einige Probleme weniger, wenn unser Unterleib und unser Herz immer in dieselbe Richtung schauen würden. Aber wahrscheinlich wäre unser Leben auch unangenehm blasser.
Jetzt ist die Sexualität lustvoll, wunderbar, überwältigend und sehr wichtig im Leben der allermeisten Menschen. Aber sie ist auch ein kleines, sehr selbstbezogenes Biest, das uns, um seinen Willen zu bekommen, an der Nase herumführt und unseren Verstand vernebelt. Fremdgehen, obwohl wir treu sind, und ungewollt schwanger, obwohl wir alles über Verhütung wissen. Etwas weiter oben schlägt unser Herz. Es erkennt den anderen und kann tiefen und langfristigen Sinn in unserem Leben stiften. Leider „irrt“ sich unser Herz dabei auch gerne mal. Und eine vom amerikanischen Paartherapeuten John Gottman ausführlich erforschte Möglichkeit, ein wirklich unglückliches Leben zu führen, ist die Wahl des falschen Partners.
Partner auf Zeit und Partner fürs Leben
Es scheint so, als ob du dich bei deiner jetzigen Partnerin tiefer einlassen und geborgener fühlen kannst. Das sind wichtige Voraussetzungen für eine lange, glückliche Liebe. Für deinen schlechten Sex kann es mehrere Gründe geben. Manche Menschen haben eine unbewusste Angst davor, dass alles passt. Dann hätten sie keinen Grund mehr, einen inneren Abstand zu halten. Dieses Zögern zeigt sich oft erst beim Übergang von der „Studentenwelt“ in die „Familienwelt“, also etwa in deinem Alter, an der Schwelle zur Familiengründung.
Vorher waren es ja „nur“ Partner auf Zeit, auch wenn es sich in den Momenten meistens nicht so angefühlt hat. Mehr Geborgenheit bedeutet auch mehr Intimität und Offenheit beim Sex. Der Sex will persönlicher werden. Diese mögliche emotionale Tiefe kann zu Irritationen bei der sexuellen Lust führen. Was sagt denn deine Partnerin zu eurem Sex? Findet sie ihn auch nicht ganz so doll? Wie weit könnt ihr schon über eure sexuellen Wünsche und vor allem Gefühle und euer Erleben beim Sex sprechen? Traust du dich, ihr von deinem Dilemma zu berichten? Und wie würdet ihr dann damit in eurer Liebe und in eurem Bett umgehen?
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