Stilkritik der Woche: Marie-Agnes Strack-Zimmermann – ein Herz für Panzer
Während Scholz noch auf ein Taxi wartet, fährt Strack-Zimmermann schon mit dem Panzer vor. Ihre kämpferische Agenda zeigt sich vor allem in ihrer Frisur.

Die Frisur sitzt. Das dichte Haar stemmt sich eisern gegen die Schwerkraft. Der Blusenkragen ist diszipliniert geschlossen, darüber ein formgebendes Sakko. Wenn Marie-Agnes Strack-Zimmermann in den „Tagesthemen“ kommentiert, dann signalisiert sie bereits mit ihrem Look, dass lange Grübeleien nicht ihr Ding sind. Sie weiß ganz genau, wie man die eigenen Thesen mit textilen Signalen untermauert.
Die FDPlerin hatte sich stets für die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine stark gemacht. Ewig hatte sie dem Bundeskanzler ins Gewissen geredet, bis er die Kampfpanzer nun doch an die Front schickte. Ihrer Meinung nach hatte das alles viel zu lange gedauert. Strack-Zimmermann ist nicht irgendeine Abgeordnete, sie ist die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages. In dieser Funktion ist ihr Gremium aus bekannten Gründen derzeit besonders gefragt. Viele Deutsche kennen die Politikerin inzwischen jedoch auch ohne ihre genaue Aufgabe zu verstehen – und das hat vor allem mit ihrem Äußeren zu tun.
Warum bleibt uns Marie-Agnes Strack-Zimmermann im Gedächtnis?
Dabei sind es nur wenige Details, durch die sich die gebürtige Düsseldorferin von ihren Kolleginnen unterscheidet. Zuallererst ist es die markante Helden-Tolle, zu der sie ihr kurzes weißes Haar formt: ein angedeuteter Undercut an den Seiten, das obere Deckhaar länger und voluminös nach hinten gestylt. Dazu kombiniert sie sportlich-weiße oder pastellfarbene Blusen aus blickdichter Baumwolle mit Doppelknopfkragen, der meist geschlossen ist. Ihre Sakkos wählt sie in konservativen Farbtönen wie Braun, Beige und Grau. Eigentlich fehlt nur noch die Krawatte, dann wäre Strack-Zimmermann wie ein klassischer Mann gekleidet.

Die meisten deutschen Parlamentarierinnen gehen nämlich in deutlich weiblicheren Outfits zur Arbeit – vielleicht weil die Zeiten vorbei sind, als allzu offensichtliches Frausein hinderlich beim Karrieremachen war. Oder nicht? So richtig fresh ist der Dresscode der Damen im Bundestag leider trotzdem nicht. Die Outfits scheinen einer streng sittsamen, fast muttihaften Kleiderordnung entsprungen zu sein. Vor allem Kostüme und Etuikleider, schlicht und aus derben Stoffen, dominieren das Geschehen. Mitteltiefe Rundhalsausschnitte zeigen ansatzweise Dekolletés, auf denen fast immer eine Perlenkette, wahlweise aus Zuchtperlen oder Bernstein, ruht. Manchmal darf es auch ein schnörkeliges Collier sein, im Set mit den passenden Ohrringen.
Keine Chance für Ketten und Colliers
Bei Strack-Zimmermann indes haben Ketten keine Chance, ihr Hals bleibt nackt, auch wenn sie – bei besonderen Anlässen – eine Kelchkragenbluse trägt. An den Ohrläppchen erlaubt sich die dreifache Mutter und passionierte Motorradfahrererin aber doch etwas Schmuck. Dort funkeln frech zwei kleine runde Stecker mit Stein – wahrscheinlich sind es Diamanten (nur der härteste Schmuckstein der Welt kommt hier infrage). Und auch wenn das heute überholt erscheint: Für ihre politische Agenda als Hardlinerin ist dieser traditionell maskulin konnotierte Look perfekt. So schnell lösen sich kulturelle Gewohnheiten eben doch nicht in Luft auf.
Ob bewusst oder unbewusst nutzt Strack-Zimmermann die Macht der Mode, um ihren Worten einen visuellen Rahmen zu geben. Das macht sie als Politikerin wiedererkennbar. Gerade auf höchster Staatsebene braucht es zudem nicht viel für einen Signature-Look. Man denke nur an den kanadischen Premier Justin Trudeau, den man an seinen gemusterten Statement-Socken erkennt. Auch Karl Lauterbachs Fliege war sicher im vergangenen Talkshow-Jahr ein Indikator seiner Persönlichkeit. Leider legte er den schrulligen Krawattenersatz nach seiner Ernennung zum Bundesgesundheitsminister ab, parallel dazu schwand seine Beliebtheit. Gibt es hier womöglich einen Zusammenhang?
Das Geheimnis der Frisur von Agnes Strack-Zimmermann
Die politische Persona Strack-Zimmermann jedoch wird vor allem durch ihren Hairstyle memorabel. Mit der Frisur tritt sie in die Fußstapfen berühmter Männer wie der Filmlegende James Dean, des „King“ Elvis Presley oder auch von Depeche-Mode-Sänger Dave Gahan in jungen Jahren. Alles Ikonen der Popkultur.

Interessanterweise liegt der Frisur ein ganz konventioneller Damenschnitt zugrunde, der unter Spitzenpolitikerinnen gang und gäbe ist: ein gestufter ponyloser Bob nämlich, wie ihn Christine Lagarde oder Ursula von der Leyen tragen. Genauso trug Strack-Zimmermann ihr Haar bis 2015 selbst noch, bevor sie das Deckhaar einfach nach oben klappte. Ging ihre Karriere ab diesem Zeitpunkt besonders steil nach oben? War vielleicht sogar ein Düsseldorfer Friseur das Zünglein an der Waage? Bei Coiffeur Haefs, Strack-Zimmermanns Stammfriseur, möchte man sich nicht dazu äußern. So bleibt die Frage vorerst ungeklärt.

Sicher ist jedoch, das sich die weiße Matte bestens umstylen lässt. Den Beweis gabs kürzlich auf einer Karnevalsveranstaltung in Aachen zu bestaunen, auf der Strack-Zimmermann die Bühne als Goth-Braut enterte. An jenem Abend hatte ein Hairstylist ganze Arbeit geleistet: Ein stattlicher, top frisierter Gruftimopp krönte das Haupt der Bundestagsabgeordneten. Das Make-up saß, ganz zu schweigen vom Samtkostüm. In ihrer Büttenrede thematisierte sie dann auch ganz selbstbewusst ihr Äußeres, folgender Auszug daraus ist überliefert: „Von Kopf bis Fuß ganz formidabel, ohne Zweifel ministrabel, in jeder Talkshow ein Gewinn, weil ich die Allergeilste bin.“ Das sind deutliche Worte, Widerspruch scheint zwecklos. Trotzdem gibt es auch im Look einer Marie-Agnes Strack-Zimmermann einen Schwachpunkt: und zwar untenrum.

Der Schwachpunkt sind die Schuhe
Warum lässt es Strack-Zimmermann bei ihrem Schuhwerk so arg schleifen? Die tantigen Velourstiefeletten und Spießer-Sneaker sollten dringend einem Paar amtlicher Herrenklassiker weichen. Anbieten würde sich hier natürlich vor allem der kriegserprobte Blücher-Schuh – ein elegantes Modell, das schon die Soldaten durch die Schlacht von Waterloo trug, als sie Napoleon besiegten. Wenn Strack-Zimmermann zudem noch die Funktionsjacke gegen einen ebenfalls für den Krieg erfundenen Burberry-Trenchcoat eintauschen würde ... dann, ja dann, wäre auch dem letzten Zweifler klar, dass diese Frau zur Not auch selbst den Panzer dorthin fährt, wo er ihrer Meinung nach hingehört.