Wissen Sie, was eine Erdballenpresse ist? Wir stellen das hippe Gartengerät vor

Gärtnerinnen und Gärtner sind begeistert von dem kleinen, stempelartigen Werkzeug. Unsere Kolumnistin erklärt Ihnen, warum – und was es kann.

Weil die Presse kleine Würfel ausspuckt, passen eine ganze Reihe davon nebeneinander.
Weil die Presse kleine Würfel ausspuckt, passen eine ganze Reihe davon nebeneinander.Sabine Platz

Hach, wie ich ihn liebe, den März! Einer meiner Lieblingsmonate, so viel ist klar. Die Krokusse strecken ihre bunten Köpfe durchs trübe Laub, der Specht knattert in meinem Apfelbaum, und den Narzissen kann ich beim Wachsen förmlich zugucken. Herrlich!

Das Rad des ewigen Gärtners, es dreht sich langsam wieder schneller, und wer auch nur ein bisschen die Augen offenhält, kommt ja gar nicht umhin, an jeder Ecke die ersten Frühlingsboten zu entdecken. Im Kräuterbeet drückt der Schnittlauch sein junges Grün in die Wintersonne, die ersten Tulpen zeigen ihre Spitzen, und auf dem Treppengeländer, das in meinen Garten führt, habe ich heute Morgen zwei Tauben beim Knutschen erwischt. Love is in the air! Passend zur Jahreszeit habe ich am letzten Wochenende mit den ersten Arbeiten begonnen.

Diese Jungs von der Wache haben Power

Ein Feuerwehrmann, der mir, so er Zeit hat, dabei hilft, die alten Apfelbäume zu beschneiden, kam vorbei. „Na, nu abba uff’n letzt’n Poeng“, sprach er zur Begrüßung und drückte beim Händeschütteln beherzt zu. Was er meinte, war klar. Laut Bundesnaturschutzgesetz, Abschnitt 5, § 39 müssen Gartenbesitzerinnen und Gartenbesitzer ihre Bäume zwischen dem 1. März und dem 30. September in Ruhe lassen.

Sie, meine geschätzte Leserschaft, wissen das wahrscheinlich. Aber es ist ja möglich, dass sich ein Gartenneuling auf diese Seite verirrt hat, drum kann es nicht schaden, es noch mal zu betonen. Also: Bäume jetzt bitte nicht mehr schneiden! Die wenigen Vögel, die wir da draußen noch haben, sollen sich in Ruhe der Produktion ihres Nachwuchses widmen können. Toi, toi, Jungs und Mädels, meinen Segen habt ihr.

Als der Feuerwehrmann bei mir im Garten stand, war es noch Ende Februar, deswegen „uff’n letzt’n Poeng“, und wir schnibbelten bei klirrender Kälte und schönster Wintersonne. Die wichtigsten Erkenntnisse dieses Tages fasse ich mal kurz zusammen: Immer direkt am Stamm schneiden, also keine „Haken“ stehen lassen, durch die eventuell Parasiten in den Baum gelangen könnten. Vertikale Wasserschosse kann man entfernen, aber nicht unbedingt alle. Geht er nämlich in die Waagerechte, wird daraus irgendwann frisches Fruchtholz.

Soll ein Ast einen Seitentrieb bilden, wird dieser einige Millimeter über einem nach außen stehenden Auge geschnitten. Das letzte Auge vor der Schnittstelle nämlich treibt am stärksten aus. Und zu guter Letzt: Entfernen Sie die Mumien, also die verschrumpelten Früchte des letzten Jahres. In ihnen überwintern die Pilze und Krankheitserreger – und die wollen wir nicht.

Nachdem der Feuerwehrmann und ich vier Stunden in der Baumkrone hingen, war ich komplett erledigt. Jedem Anfang wohnt ein Rückenschmerz inne! Wir tranken eine Tasse Kaffee, verabredeten uns fürs nächste Jahr, und zum Abschied drückte er mir erneut beherzt das Pfötchen. Aua! Diese Jungs von der Wache haben echt Power. Der Tag war halb verstrichen und für größere Projekte nicht mehr zu gebrauchen. Aber nun war ich schon mal draußen, also fegte ich das Gartenhaus, befreite die Anzuchtkisten vom Winterschmutz, suchte die Ballonbrause und machte die Erdballenpresse fertig für den Einsatz. Haben Sie so ein Teil schon mal gesehen? In der modernen Gartencommunity sind Erdballenpressen der neueste, heiße Scheiß – ehrlich wahr!

Das Gerät ist aus Metall, etwa 20 Zentimeter breit und sieht aus wie ein großer, silberner Stempel. Es hat fünf 4 mal 4 Zentimeter große „Fächer“, in die feuchte Aussaaterde gestopft wird. Diese drückt man dann als zusammengepresste Würfel in eine Anzuchtschale oder ein Minigewächshaus. Große Ballenpressen sind in der industriellen Landwirtschaft gang und gäbe, für uns Freizeitgärtner aber gibt es sie im Miniformat erst seit einigen Jahren. Zumindest nach meiner Kenntnis.

Weil die Presse kleine Würfel ausspuckt, passen eine ganze Reihe davon nebeneinander. Anders als zum Beispiel bei runden Papptöpfchen oder Eierkartons; die fallen immer um und sehen spätestens nach dreimal gießen liederlich aus. Ein weiterer Pluspunkt der quadratischen Presslinge: Man erspart den jungen Keimlingen einen Umpflanzschock. Wo normalerweise nämlich von einem Topf in den nächstgrößeren umgesetzt wird, bleibt die Aussaat per Presse bis zum Auspflanzen auf dem Plastiktablett oder im Minigewächshaus.

Bei der Aussaat sind Konzentration und Weitsicht gefragt

Praktischerweise stanzt das Gerät in jeden Erdwürfel ein kleines Loch, und da landet dann, na klar, das jeweilige Saatkorn. Ich liebe dieses Teil und brachte es gemeinsam mit den anderen Aussaatutensilien in unseren Wintergarten. Meinen Mann nervt das immer. „Die einzige Zeit des Jahres, in der wir den Wintergarten wirklich nutzen könnten, ist jetzt“, mosert er stets, „und du stellt alles voll mit deinen Kisten.“ Ganz unrecht hat er nicht.

Im Sommer sitzt kein Mensch in einem Wintergarten – zu schön ist es draußen. Im Winter sind diese Luxusanbauten in der Regel zu kalt. Wir kühlen darin unsere Getränkekisten und überwintern den Agapanthus. Einzig jetzt im Vorfrühling macht ein Wintergarten Spaß. Wenn die Tage länger werden und die Sonne die ersten warmen Strahlen schickt, könnte man es sich in ihm gemütlich machen, Licht tanken, sich ein Nickerchen gönnen. Theoretisch. In meinem Fall, wie gesagt, wird der Platz für Dringenderes gebraucht.

Ich schob das Sofa beiseite, und nun warten sechs verschiedene Anzuchtkisten darauf, bestückt zu werden. Das habe ich nicht mehr geschafft. Oder besser – ich konnte mich nicht entscheiden. Bei der Aussaat nämlich sind Konzentration und Weitsicht gefragt. Allein nur die Tomaten! 24 verschiedene Sorten habe ich dieses Jahr. Sie stammen aus einem Saatgutkalender, den ich Anfang Dezember von einer jungen Gärtnermeisterin geschenkt bekam. Ein buntes Paket voller Raritäten: „Tschuchloma“, eine Flaschenstabtomate vom Schwarzen Meer. „Oranje van Goeijenbier“, eine Kirschtomate aus Peru. Oder auch „Mickey Mouse Red“, eine Stabtomate aus der Ukraine.

Dem Kalender bei lag eine handgeschriebene Anleitung. „Viel Spaß bei der Aufzucht“, hatte die junge Gärtnerin geschrieben, „und achte unbedingt darauf, dass du das Saatkorn mit Vermiculit abdeckst und drei Tage lang dunkel stehen lässt. Und danach - gaaaaaanz viel Licht.“ Dieser Kalender wird sich wahrscheinlich spätestens im August als bestes Weihnachtsgeschenk aller Zeiten herausstellen. Ich werde berichten, versprochen.

Was sonst noch ins Beet kommt? Auf jeden Fall Kohlrabi, die sind mir sympathisch. Und definitiv auch wieder Rote Bete. Dieses Jahr probiere ich mal die Sorte „Tonda di Chioggia“, die ist weiß-rot geringelt und sieht in jedem Salat spektakulär aus. Rote Bete übrigens senkt den Blutdruck und ist gesund für die Leber. Das in der Knolle enthaltene Betain reduziert nämlich das Fett in der Leber. Mehr kann man von einem Gemüse nicht erwarten, finde ich. Tja, und sonst noch? Gurken, Palmkohl und auf jeden Fall grüne Gartenmelde. Die hat gaaaanz viel Vitamin C und schmeckt noch besser als Spinat.

Sie sehen, liebe Leserinnen und Leser, ich habe zu tun in den nächsten Wochen. Während Sie also gemütlich diesen Text bei einer zweiten Tasse Kaffee schmökern, presse ich mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit gerade Erdwürfel und verwandle unseren Wintergarten in ein Anzuchtgewächshaus. Und mir ist herzlich egal, ob das meinem Mann auf den Wecker geht oder nicht. Denn was, bitteschön, gibt’s Schöneres im Leben, als live dabei zu sein, wie aus einem Saatkorn eine Pflanze wächst?

Sabine Platz arbeitet seit mehr als 20 Jahren als Fernsehjournalistin beim ZDF. Dort produziert sie unter anderem für die Rubrik „Platz im Garten“ im „Morgenmagazin“ regelmäßig Berichte rund um das Thema Natur, Garten, Ökologie und Nachhaltigkeit. Im Oktober 2021 erschien ihr Buch „Im Garten: Zwischen Knolle und Kompost liegt das ganze Leben“.