Tod von Richard von Weizsäcker: Berliner Bürgermeister zu sein, war nicht sein Traumjob
Richard von Weizsäcker war ein treuer Parteisoldat. Als die CDU/CSU ihn 1974 als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten aufstellte, machte er mit, obwohl völlig klar war, dass Walter Scheel in der Bundesversammlung zum Präsidenten gekürt werden würde. Als er 1979 in Berlin um das Amt des Regierenden Bürgermeisters kämpfte, war das nicht unbedingt sein Traumjob.
Er hatte zusammen mit Heiner Geißler der CDU ein neues Grundsatzprogramm ausgearbeitet und es gegen einigen Widerstand durchgesetzt. Sein Platz wäre eigentlich in der Hauptstadt, in Bonn also, gewesen. Es gelang Weizsäcker die CDU zur stärksten Fraktion im Abgeordnetenhaus zu machen. Aber die Koalition von SPD und FDP regierte weiter. Als es 1981 zu vorgezogenen Neuwahlen kam, holte Weizsäcker 48,0 Prozent der Stimmen für die CDU und wurde Regierender Bürgermeister Berlins. Das blieb er bis zum 9. Februar 1984.
Im November 1983 hatte ihn die CDU/CSU zu ihrem Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland ernannt. Am 23. Mai 1984 wurde er von der Bundesversammlung gewählt.
Regierender Bürgermeister von Berlin – das war ein kurzer Zwischenstopp einer Karriere, die schon längst auf das höchste Staatsamt ausgerichtet war. Für Weizsäcker ging es nicht darum, in Berlin Besonderes zu leisten. Wichtig war, nichts verkehrt zu machen. Andererseits war der Regierende Bürgermeister von Westberlin auch Außenminister seiner Stadt. Er empfing Staatsgäste, er besuchte Staatsoberhäupter, konnte also zeigen, wie gut er die Bundesrepublik darzustellen verstand.
Eine wichtige Rolle spielte seine Reise in den Osten Berlins im September 1983. Er war der erste Regierende, der das tat. Er ließ sich vom Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker empfangen. Weizsäcker zeigte, dass er die von seiner Partei über Jahre erbittert bekämpfte neue Ostpolitik selbst fortzuführen verstand. Er gewann dadurch Unterstützung weit über die eigene Partei hinaus. Er wurde in solchen Aktionen ein Regierender für alle Gesprächsbereiten.
Tod eines Hausbesetzers
Die Westberliner radikale Linke liebte es, sich über ihn lustig zu machen, über sein betont honoriges Auftreten, während doch gleichzeitig die Polizei massiv gegen Hausbesetzungen vorging, ohne dass der Senat Wesentliches tat, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Am 22. September 1981 wurde der Hausbesetzer Klaus-Jürgen Rattay während eines Polizeieinsatzes getötet. Der Innensenator Heinrich Lummer verteidigte den Einsatz. Die Spannungen in der Stadt nahmen zu.
Nach einer Weile aber suchte Richard von Weizsäcker, sehr zur Verärgerung seines Innensenators, das Gespräch mit den Hausbesetzern. In der Linken warf man ihm vor, in einem abgekarten Spiel die Darstellung des Good Guy neben dem Bad Guy Lummer übernommen zu haben. Das verkannte von Weizsäckers republikanisches Verständnis des Verhältnisses von Politik und Bürgergesellschaft.
Unvergessen aus dieser Zeit ist eine Talkshow, in der der Kabarettist Wolfgang Neuss den Regierenden Bürgermeister mit den Worten begrüßte „Auf deutschem Boden darf nie wieder ein Joint ausgehen“.