Tribut an Glenn Miller: Wie das Swing Dance Orchestra originaler als das Original werden konnte: Keine Experimente

Ich bin nun mal verliebt, in die Musik der 30er." Daran lässt Andrej Hermlin seit Jahren keinen Zweifel. Er möchte diese Liebe am Swing, Oldtime-Jazz, Ragtime, Blues und Bebop "mit den Menschen teilen". Hermlin sagt das oft in Interviews - vielleicht, weil es von ihm erwartet wird; ganz sicher auch, weil er davon überzeugt ist. Er möchte allen zeigen, wie viel in dieser Musik steckt. Er überrascht sein Publikum mit Neuentdeckungen. Der Mann liebt, was er macht. Wer träumt schon als kleiner Junge davon, später "eine Big Band zu haben"? Für Andrej Hermlin sind bis heute sogar Träume in Erfüllung gegangen, die er nicht mal hatte: Mit seinem Swing Dance Orchestra wird er gern ins Ausland eingeladen. Auftritte gab es etwa auch im legendären Hotel Pennsylvania, im Rainbow Room des Rockefeller Center, bei der "Midsummer Night" auf dem Lincoln Plaza - da war es wie eine Auszeichnung, an jenen Ursprungsorten dieser Musik auch noch gefeiert zu werden. Nicht viele deutsche Künstler lassen sich wirkungsvoll in die USA exportieren.Hinter dem Erfolg, mit leichten Melodien scheinbar mühelos Spitzenentertainment darzubringen, steckt notwendigerweise viel Arbeit. Orchesterchef Hermlin widmet sich akribisch der Authentizität: "Bei uns gibt es keine E-Gitarre und kein Yamaha-Schlagzeug." Die Band spielt nicht mikrofoniert (also unverstärkt wie einst), Pulte werden nachgekauft und auch die RCA- und Amperite-Mikrofone im Streamline-Design angeschafft. Die Musiker tragen maßgeschneiderte Smokings, sind rasiert und haben gegelte Haare. Es gibt keine Experimente. Alles soll stilecht sein.Das Jahr 2004 hat das Swing Dance Orchestra dem 100. Geburtstag Glenn Millers gewidmet - auch da wird penibel die Form gewahrt: Selbstverständlich entsprechen nun die Sitzpositionen der Musiker dem originalen Bandaufbau. Und für die Arrangements hat der Trompeter Achim Rothe alte Aufnahmen selbst abgehört und Transkriptionen erarbeitet. Beeindruckend echt, wie ein älterer Herr befand.Jener ältere Herr störte im Juni dieses Jahres die Proben, was Orchestervorstand Hermlin überhaupt nicht mag. Da bereiteten sich gerade die 16 Musiker und die Sänger in Clarinda (Glenn Millers Geburtsstadt im US-Mittelwesten) auf den Auftritt vor. "Gute Band, schönes Arrangement", rief der ungebetene Gast. Und: "Habe ich geschrieben, 1939." Es war Paul Tanner, das letzte lebende Mitglied des Glenn-Miller-Orchestra. Seine Begeisterung war das schönste Kompliment, seine Störung eine Ehre. Auf jener Probe räumte Tanner noch einen Fehler aus: In "Oh! You Crazy Moon" hatte Glenn Miller "was falsch verstanden". Tanner sagte "Ich korrigier' euch das" und machte aus einem Dur- einen Moll-Akkord. Seitdem spielt das Swing Dance Orchester originaler als das Original. Das ist mehr, als man erwarten darf.Glenn Miller Story am Montag, 20 Uhr im Konzerthaus am Gendarmenmarkt, Karten unter Telefon: 23 27 57 77 oder 308 78 56 85.------------------------------Foto: Bandleader: Andrej Hermlin.------------------------------Foto: Solistin: Bettina Hermlin.------------------------------Foto: Solist: David Rose.------------------------------Foto: Gesangsgruppe: Skylarks.