Überraschendes Urteil: Richter sieht bei Hartmut Wohlthat keine Bestechlichkeit: Gericht spricht früheren Amtsdirektor frei

FRANKFURT (ODER). "Der Vorwurf der Bestechlichkeit gegen mich war völlig absurd. Ich weiß nicht, was die Staatsanwaltschaft damit bezwecken wollte. " Das sind die ersten Worte, die der einstige Gartzer Amtsdirektor Hartmut Wohlthat nach seinem Prozess vor dem Landgericht in Frankfurt (Oder) sagte. Wohlthat verließ den Sitzungsraum 488 an diesem Dienstag mit Tränen in den Augen. Soeben hatte ihn der Vorsitzende Richter Matthias Fuchs vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen. Gleiches Urteil fällte er auch für die die beiden mitangeklagten Manager der Uckerwerke Energietechnik GmbH. Sie waren beschuldigt worden, vor zwei Jahren dem damaligen Amtsdirektor 24000 Mark gezahlt zu haben. Im Gegenzug sollte Wohlthat dem Unternehmen den Auftrag für den Bau von 14 Windkraftanlagen in der Amtsgemeinde Schönfeld zuschanzen.Richter Fuchs ließ keinen Zweifel an seiner Entscheidung. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass es Absprachen zwischen dem Energieunternehmen und Wohlthat gegeben habe. Und, was schwerer wiege, die Kronzeugin der Staatsanwaltschaft habe sich als Zeugin für absolut untauglich erwiesen. "Ich lehne es ab, auf die alleinigen Angaben einer solchen Schwerkriminellen und geistigen Mörderin zu vertrauen", sagte Fuchs.Hauptbelastungszeugin war die 30-jährige Aneta M. Die Germanistin arbeitete damals an ihre Soziologie-Doktorarbeit über kriminelle Machenschaften im Grenzgebiet und hatte den Amtsdirektorüber eine Kontaktanzeige kennengelernt. Später wurde sie seine Geschäftspartnerin, führte in Kolberg an der polnischen Ostseeküste Wohlthats Restaurant Mola. Sie will auch für ihn und seinen Kompagnon einen "Profikiller" der Mafia engagiert haben, der das offenbar schlecht laufende Lokal in die Luft sprengen sollte. Die Tat sei aber in letzter Minute abgeblasen worden. Sie habe alles nur aus wissenschaftlichen Intereresse gemacht, hatte die 30-Jährige ausgesagt. Der Richter war entsetzt: "Sie hat nicht einmal eingesehen, dass sie sich damit selbst strafbar gemacht hat. " Über das deutsche Konto von Aneta M. soll auch das Schmiergeld an Wohlthat geflossen sein. 25 000 Mark überwies ihr die Uckerwerke Energietechnik GmbH. Das Geld will sie abgehoben und 24 000 Mark davon an Wohlthat übergeben haben. So hatte es Aneta M. behauptet. Doch es existiert ein Honorarvertrag zwischen der Firma und der Polin. Darin ist festgeschrieben, dass sich Aneta M. in Polen für ein Honoror von 25 000 Mark um die Kontakte für das uckermärkische Unternehmen kümmern sollte. Der Vertrag trägt auch die Unterschrift der Polin. Für Aneta M. gab es dafür nur eine Erklärung: Wohlthat habe eines Nachts von ihr verlangt, sie solle etwas unterschreiben. Da sie nachtblind sei, wisse sie nicht, was Wohlthat ihr vorgelegt habe. Auch diese Erklärung hielt Richter Fuchs für eine Lüge. Zudem komme, dass das Schmiergeld wenige Tage vor der erneuten Wiederwahl Wohlthats zum Amtsdirektor geflossen sein soll. " Wenn man jemanden bestechen will, wartet man doch ab, ob der im Amt bestätigt wird. Nicht, dass sich das Ganze als Fehlinvestition herausstellt", sagte Fuchs.Anklagevertreter Thomas Meyer von der Schwerpunktstaatsanwaltschaf Korruption in Neuruppin zeigte sich enttäuscht von dem Urteil. Er hatte in dem ersten Korruptionsverfahren seiner Behörde für den ehemaligen Amtsdirektor eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung gefordert. Meyer kündigte an, gegen das Urteil in Revision zu gehen.Hartmut Wohlthat erhält eine Entschädigung für jeden Tag der sechs Monate, an dem er in Untersuchungshaft gesessen hat. Meist sass er in einer Einzelzelle, weil er angeblich die Kronzeugin bedroht haben soll. "Das war völlig an den Haaren herbeigezogen. Mir hat man ein halbes Jahr die Freiheit genommen und meinem 18-jährigen Sohn für diese Zeit den Vater", sagte Wohlthat. Zudem sei er seinen Job als Amtsdirektor losgeworden. "Und ich konnte mich dagegen aus der Haft nicht einmal wehren. "Verhaftet, abgewählt und freigesprochen // Suspendiert: Der Gartzer Amtsdirektor Hartmut Wohlthat wird nach Bekanntwerden der Vorwürfe, er habe Schmiergelder kassiert, im Januar 2001 vom Dienst suspendiert.Verhaftet: Am 1. August 2001 wird der CDU-Politiker verhaftet. Der Grund: Verdunklungsgefahr.Abgewählt: Am 6. Dezember 2001 wird Wohlthat im zweiten Anlauf vom Amtsausschuss als Amtsdirektor abgewählt.Angeklagt: Am 30. Januar 2002 beginnt der Prozess gegen Wohlthat. Einen Tag später wird der Haftbefehl aufgehoben.Freigesprochen: Das Landgericht Frankfurt (Oder) hält den Vorwurf der Bestechlichkeit und Korruption für nicht bewiesen und spricht Wohlthat am 26. Februar 2002 frei.