Die Bundesregierung entfernt sich immer weiter von den Vorgaben des Berlin-Bonn-Gesetzes. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte am Montag, dass Minister de Maizière den Umzug weiterer Mitarbeiter „in überschaubarer Zahl“ aus drei Abteilungen vom Rhein an die Spree beschlossen habe. Der CDU-Politiker will alle Beamten mit „kernministeriellen“ Aufgaben in Berlin stationieren. Über Einzelheiten wird mit dem Personalrat verhandelt.
In Bonn arbeiten inzwischen weniger als 40 Prozent aller Beamten und Angestellten der Regierung: 10 500 in Berlin, 6 900 in Bonn. Im Jahr 2000 waren noch mehr als 60 Prozent in Bonn angesiedelt gewesen.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Bundesregierung stehe wie im Koalitionsvertrag vereinbart zum Berlin-Bonn-Gesetz von 1994. Nicht äußern wollte er sich zur Aussage von Finanzminister Wolfgang Schäuble, auch dieses Gesetz gelte „nicht für die Ewigkeit“. In Paragraf 4 des Gesetzes heißt es, die Umzugsentscheidungen „sollen so gestaltet werden, dass insgesamt der größte Teil der Arbeitsplätze der Bundesministerien in der Bundesstadt Bonn erhalten bleibt“.
Sorge um das Berlin-Bonn-Gesetz
Das Innen- und das Bildungsministerium beziehen demnächst in der Nähe des Berliner Hauptbahnhofs große Neubauten. Ein Sprecher des Bundesbildungsministeriums sagte der Berliner Zeitung, derzeit plane Ministerin Johanna Wanka keine Verlagerung von Stellen nach Berlin. In dem Neubau würden die 350 Mitarbeiter zusammengezogen, die bisher auf drei Standorte in Berlin verteilt seien. Überzählige Büros würden vermietet. Der Chef der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Jürgen Gehb, hatte der Berliner Zeitung kürzlich bestätigt, beide Häuser seien so ausgelegt, „dass sämtliche Beschäftigte aus Bonn und Berlin einziehen könnten“.
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Gegenüber der Berliner Zeitung forderte der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner: „Es sollten alle Bundesministerien nach Berlin verlagert werden.“ Es wäre, „ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung, wenn zunächst sämtliche politisch bedeutsamen Arbeitsplätze von Bonn nach Berlin verlegt“ würden.
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach, äußerte die Sorge, dass die Regierung sich nur noch formal zum Berlin-Bonn-Gesetz bekennt, aber die Ministerien scheibchenweise komplett nach Berlin holt. Der CDU-Abgeordnete aus Bergisch Gladbach: „Die Politik verlangt von den Bürgern Rechtstreue, deshalb muss sie selbst sich vorbildlich an die Gesetze halten.“ In einer gemeinsamen Erklärung kritisierten die Bonner Abgeordneten aller Parteien de Mazieres Entscheidung.