Universität: Plagiatorenjäger sollen Gesicht zeigen
Universitäten sollen anonymen Hinweisen auf Plagiate künftig in der Regel nicht mehr nachgehen. Das ergibt sich aus den jüngsten Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zum Umgang mit vermeintlich oder tatsächlich gefälschten Doktorarbeiten. „Die Überprüfung anonymer Anzeigen ist durch die Stelle, die den Vorwurf entgegennimmt, abzuwägen“, heißt es darin.
Grundsätzlich gebiete eine Untersuchung aber die Namensnennung desjenigen, der den Hinweis gebe. Dessen Name sei zwar vertraulich zu behandeln, stellt die DFG fest, fügt einschränkend jedoch hinzu: „Eine Offenlegung des Namens gegenüber dem Betroffenen kann im Einzelfall dann geboten sein, wenn sich der Betroffene andernfalls nicht sachgerecht verteidigen kann.“ Der Hinweisgeber muss also mit der Veröffentlichung seines Namens rechnen. Die Empfehlungen sind für die Universitäten mehr oder weniger bindend.
Zuvor hatte die Hochschulrektorenkonferenz empfohlen, dass sich Hinweisgeber nicht an die Öffentlichkeit wenden dürften, das sei seinerseits unwissenschaftlich. Das Wirken anonymer Online-Plattformen hätte so also in der Regel keine Konsequenzen mehr.
Eine dieser Plattformen hatte den Entzug des Doktortitels des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) maßgeblich bewirkt – auch wenn der Anstoß dazu von dem bekannten Bremer Wissenschaftler Andreas Fischer-Lescano kam. Die Hinweise auf die Plagiate der früheren Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) und der FDP-Europaabgeordneten Silvana Koch-Mehrin waren ebenfalls zunächst anonym erfolgt.
Der Obmann der Unionsfraktion im Bundestagsbildungsausschuss, Uwe Schummer, sagte der Berliner Zeitung: „Ich bin im Kern dafür, dass man den Namen nennt, wenn eine so schwere Anschuldigung erhoben wird. Das ist ein Stück Fairness gegenüber allen Beteiligten.“ Im Übrigen dürfe nicht in jeder Universität eigenes Recht gelten. Es müssten bundesweit verbindliche Standards geschaffen werden.
Der CDU-Politiker plädierte in diesem Zusammenhang auch dafür, dass der Betroffene dem offiziellen Gutachten der Universität ein weiteres Gutachten entgegen stellen dürfe, analog zu den Plädoyers von Anklage und Verteidigung vor Gericht. Und schließlich müsse man über Verjährung nachdenken. „Ich finde, dass eine Verjährung sinnvoll ist, anstatt nach 30 Jahren zu prüfen, wie damals die Vorgänge waren“, erklärte Schummer. „Ein Mensch hat sich in 30 Jahren weiter entwickelt. Und nur Mord kennt keine Verjährung. Insofern würde auch die Verhältnismäßigkeit für eine Verjährung sprechen.“
Hinweise könnten zurückgehen
Kritiker befürchten hingegen, dass die Hinweise auf Plagiate stark zurückgehen könnten, wenn Hinweisgebern die Anonymität nicht garantiert werde. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, sagte dieser Zeitung: „Anonyme Hinweise müssen weiterhin möglich sein. Entscheidend ist die Frage, ob es sich um ein Plagiat handelt oder nicht. Wir haben auch sonst im Strafrecht nicht die Pflicht, dass die Anzeige immer öffentlich gemacht wird.“
Im Strafrecht ist es tatsächlich nicht von Bedeutung, ob eine Strafanzeige unter dem eigenen Namen, einem fremden Namen oder anonym erstattet wird. Unabhängig von der Motivation prüfen die Behörden, ob der dargestellte Sachverhalt glaubhaft erscheint und eine Ermittlung rechtfertigt.