Uta Schorn feiert derzeit in der ARD-Erfolgsserie "Familie Dr. Kleist" großen Quotenerfolg: Liebe zum Kitsch

Das Publikum neigt mitunter dazu, Schauspieler und Figuren zu verwechseln. Man liegt damit ja auch nicht immer schief. Wer derzeit am Dienstagabend die ARD einschaltet, könnte auf die Art allerdings einen etwas eigenartigen Eindruck von Uta Schorn bekommen. Erst spielt sie in "Familie Dr. Kleist" eine allein stehende Frau, die ihrem alten Freund Johannes und dessen Sippschaft selbstlos den Haushalt besorgt. Abends verschwindet sie unauffällig nach Hause, wo sie dann nimmermüde an ihren Blaudrucken arbeitet. Darüber hinaus scheint diese Inge März frei von eigenen Ambitionen zu sein. Unmittelbar anschließend an "Dr. Kleist" taucht Uta Schorn in der ARD-Serie "In aller Freundschaft" als Chefsekretärin auf. In der Profilbeschreibung heißt es: "Privat hat sich bei ihr noch kein Lebenspartner gefunden, so dass sie Professor Simoni zeitlich unbegrenzt zur Verfügung steht."Uta Schorn zuckt mit den Schultern: "Offensichtlich strahle ich so was Männerloses aus." Sie sagt, ihr gefalle die Inge: eher diskret, nicht kapriziös und "ohne Tricks". - "Die macht eben ihr Ding", und im Übrigen sei sie dem Johannes ja nur zu Diensten, weil sie ihn heimlich liebe. Aber das würden die Zuschauer alles noch erfahren.Gastspiel auf dem ArbeitsamtMännerlos, tatsächlich: Der Schauspielerinnengatte wirkt derzeit auf einer Dortmunder Bühne. Danne, die Tochter aus erster Ehe, arbeitet in Halle, ebenfalls am Theater. Also teilt sich Uta Schorn das Haus in Müggelheim mit Paul, dem Kater, und überlegt, ob sie an diesem Nachmittag die Steuererklärung machen oder lieber im Garten arbeiten sollte. Die Sonne kommt durch. Also Unkraut. Sie ist eine der populärsten ostdeutschen Schauspielerinnen. Zusammen mit Gerd E. Schäfer moderierte sie von 1973 bis 1990 den "Wunschbriefkasten". Diese Sendung machte sie berühmt. Sie spielte in "Polizeiruf"- und "Staatsanwalt"-Folgen und die Hauptrolle in dem Mehrteiler "Bereitschaft Dr. Federau". Sie wurde kurz vor der Wende zum DDR-Fernsehliebling gekürt. Etwas später gastierte sie auf dem Arbeitsamt. Das war zur Abwechslung mal keine Rolle. Es muss eine gruselige Zeit gewesen sein. Irgendwo steht, sie habe damals zehn Kilo zugenommen. 1992 kam sie zurück, erst unauffällig in dem ZDF-Mehrteiler "Durchreise", dann vorneweg als kregele sächsische Gastwirtin in der Serie "Elbflorenz". Es folgten diverse Auftritte, zum Beispiel beim "Landarzt" oder in "Ein Bayer auf Rügen". In "Frauenarzt Dr. Markus Merthin" gab sie die Hebamme Henriette, aufopferungsvoll und männerlos. Auf dem "Traumschiff" kam sie bis nach Hawaii. Seit fünf Jahren gehört Uta Schorn "In aller Freundschaft" zum Personal der Sachsen-Klinik.Diese Leipziger Ärzte-Soap endet anscheinend nimmermehr. Und wenn jetzt stets zwischen sieben und acht Millionen Zuschauer die Erlebnisse der "Familie Dr. Kleist" verfolgen - das ergibt bis zu 25 Prozent Marktanteil - wird die ARD wohl auch dieses Projekt fortsetzen. Es sieht nicht schlecht aus für Uta Schorn. Andererseits sind ihre Rollen nicht so ausladend, dass sie ein Arbeitsjahr damit ausfüllen könnte. Sie hat die freie Zeit genutzt und sich zur Masseurin ausbilden lassen, "in einer energetischen Massagetechnik". Sie schwört auf Trennkost, Yoga und die Entspannungsübungen der Fünf Tibeter. Man könne "von Körpertypen auf Verhaltensweisen schließen", sagt sie. Der neue Beruf ist halb Leidenschaft, halb Rückversicherung: "Ab 40 kriegen Schauspielerinnen Probleme. Für die alten Rollen bist du noch zu jung und für die jungen zu alt. Früher wurde bei der Besetzung nicht so aufs Geburtsdatum geguckt. Da stand hinter deinem Namen nicht immer gleich in Klammern das Alter." Uta Schorn würde jedenfalls gern mal in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung spielen. Überhaupt solche Schmachtstreifen, sie liebt das, nennt sich selbst eine "Kitsch-Jule"; ach, neulich zum Beispiel "Das Bernstein-Amulett", große Gefühle, wunderbar.Besagte Familie Dr. Kleist ist dann doch nicht ganz so nah am Wasser konzipiert. Dennoch gehorcht die Erfolgsserie den klassischen Konventionen des Harmoniefernsehens: Liebe, Schicksalsschläge, unberechenbare, aber besserungswillige Kinder, lebenskluge Senioren und selbstverständlich ein Medizinmann ihres Vertrauens. Bei der ARD betonen sie gern, die Serie komplett in Ostdeutschland realisiert zu haben. Aber das merkt man allenfalls an den wie fürs Werbevideo abgelichteten Sehenswürdigkeiten. Es kommt immerhin das Wort "Arbeitslosigkeit" vor. Ansonsten wirkt Thüringen wie lackiert. "Das kann gar nicht anders aussehen, weil es da wirklich traumhaft schön ist", sagt Uta Schorn. "Eisenach ist so kuschelig."600 AutogrammkartenDer Plot erst: Der Doktor, der seine Frau soeben bei einem Unfall verloren hat, kommt mit seinen beiden Kindern von Berlin unter die Wartburg zum herzensguten Onkel Johannes und eben dessen Haushälterin Inge. Dort radelt und tapert der Internist immer dort entlang, wo gerade jemand in sich zusammensackt, sei es wegen eines Lochs im Herzen, Krebs im Bein oder Kalk in der Koronararterie. Allmählich kehrt dabei die Sonne in sein Herz zurück und bringt dabei gleich eine adrette Schuldirektorin mit.Uta Schorn findet die Serie "realitätsbezogen", doch, doch, man dürfe das nur nicht so eng sehen: "Als ich damals Bereitschaft Dr. Federau' gedreht hatte, spottete meine Gynäkologin: Das sieht ja alles ziemlich nett aus, was du da als Notärztin so treibst.' Ich habe geantwortet: Klar sieht es nett aus. Es ist ja auch kein Lehrfilm.'"Bei "Dr. Kleist" wurde gemächlicher inszeniert als bei vergleichbaren Produktionen, mag sein, dass die Klientel das etwas Altmodische, das solide Handwerk schätzt, aber der Erfolg dürfte auch mit dem Sendeplatz zu tun haben. Dort liefen zuvor Quotengaranten wie "Julia - eine ungewöhnliche Frau" und "Um Himmels Willen". Die ARD hat den Dienstag fest im Griff. Deshalb hat Uta Schorn nun ein paar Talkshow-Termine zu absolvieren und gerade 600 Autogrammkarten unterschrieben. "Sie glauben nicht, wie das auf den Arm geht", klagt sie. Ist das jetzt nicht kokett? "Nein, es tut wirklich weh!" Nur der Arm. Ansonsten ist es in Ordnung, fürs Herz, die Seele und überhaupt.------------------------------"Ab 40 kriegen Schauspielerinnen Probleme. Für die alten Rollen bist du noch zu jung und für die jungen zu alt." Uta Schorn------------------------------Foto: Sie schwört auf Trennkost, Yoga und die Entspannungsübungen.