Von Kritikern und Elchen

Ein seltener Gast bei Berliner Festivitäten konnte am Wochenende im Premierengetümmel von "Ein Stück meines Lebens" in der Komödie am Kurfürstendamm gesichtet werden: Horst Jüssen. Der Münchner Schauspieler, der einem Großteil des Publikums als Komödiant in der kultigen Serienklamotte "Klimbim" noch gut in Erinnerung sein dürfte, probt gerade am Berliner Ensemble. In der Inszenierung "Die Hebamme" von Rolf Hochhuth (Premiere am 12. August) spielt Jüssen die männliche Hauptrolle. Womit sich für ihn ein Kreis schließt: "Vor 37 Jahren, bei der Uraufführung von Hochhuths Drama ,Der Stellvertreter , habe ich hier in Berlin meine ersten Sätze gegen Bezahlung auf einer Bühne gesprochen." Auch heute kommt Jüssen kein böses Wort über Hochhuth über die Lippen, der als Regisseur - vorsichtig gesprochen - schwierig sein soll. Jüssen ausdrücklich ohne aktuellen Bezug auf den Dramatiker: "In meinem doch schon etwas reiferen Alter habe ich mit niemandem mehr Probleme. Wenn es welche gibt, dann gehe ich nämlich einfach." Mit Grit Boettcher, die als Hauptdarstellerin und Regisseurin von "Ein Stück meines Lebens" nach 25 Jahren an den Kudamm zurückkehrte, feierte Jüssen in den 80er Jahren Erfolge auf der Bühne. Und so beantwortete er die Frage: "Möchten Sie sich ehrlich über Stück und Inszenierung äußern?" viel sagend ausweichend. "Ich bin Grit Boettcher sehr verbunden und ich mag sie."Im Premierengetümmel: Bühnenautor Horst Pillau (an seinem Geburtstag), Sängerin Evelyn Künneke (schlief schon vor der Pause), die Schauspieler Ingeborg Krabbe, Peter Schiff, Deborah Weigert, Victoria Sturm, Travestiestar Georg "Mary" Preusse, Moderator Achim Geimer, Autor Curth Flatow. ----"Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche." Sie können nur gewinnen, wenn Sie eine Wette darüber abschließen, von wem dieser Vers stammt. Zu 99 Prozent wird die Antwort lauten: Robert Gernhardt. Und damit nicht stimmen, denn der gereimte Klassiker stammt von F.W. Bernstein, der im richtigen Leben Fritz Weigle heißt. Den traf ich am Sonntag in der Galerie Cartoonfabrik in der Auguststraße 83, wo es die "Cartoontheke" einzuweihen galt. Mit ihrer Hilfe werden Originale von bekannten Cartoonisten feilgeboten. Zu Preisen von 99 bis 399 Mark. Bernstein, der bis 1999 Karikatur-Professor an der HdK war, scheitert wegen Überarbeitung ununterbrochen an einem wichtigen Vorhaben, das er für sein Rentnerdasein fest eingeplant hatte: "Ich müsste mal mein Zimmer aufräumen."BLZ/CHRISTIAN SCHULZ Nach langer Zeit wieder in Berlin auf der Bühne: Horst Jüssen.NORBERT KESTEN F. W. Bernstein alias Fritz Weigle kam zur Eröffnung der Cartoontheke.