Gibt es Krieg und wenn ja, welchen?

Man kann heute einen Krieg führen, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.

Szene aus dem Irak-Video, das Chelsea Manning offziellen Angaben zufolge an Wikileaks weitergeleitet hat.
Szene aus dem Irak-Video, das Chelsea Manning offziellen Angaben zufolge an Wikileaks weitergeleitet hat.AFP

Immer wieder werden im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise die „Schlafwandler“ zitiert, also jene Politiker, die noch im Sommer 1914 ernsthaft den Frieden wollten, um dann doch in einen verheerenden Weltkrieg zu schlittern. Die Gespräche zwischen den Präsidenten Putin und Biden sind nach Aussagen von Beobachtern bisher auch so angelegt, dass eine militärische Auseinandersetzung vermieden werden soll. Die Fixierung auf eine „Invasion“ wurde medial schon zu einem Terminus technicus wie weiland die „Massenvernichtungswaffen“. Allerdings ist der Vormarsch von Panzern und Haubitzen im Internet-Zeitalter nicht die effizienteste Methode.

Eine echte Invasion birgt viele Nachteile für einen Angreifer – egal, ob es Russland wäre, das nach Kiew marschiert, oder der Westen, der die Rückeroberung der Krim versuchte: Wie man in Afghanistan gesehen hat, sind Kriege mit Bodentruppen auf fremdem Territorium kaum zu gewinnen. Der Preis ist hoch, es gibt tote Soldaten, der Erfolg bleibt ungewiss. Im taktischen Bereich jedoch – Sabotage, Cyberaktivität, Propaganda – ist auf digitalem Weg vieles vorstellbar, bei dem maximaler Schaden angerichtet werden kann, ohne sich die Hände schmutzig machen zu müssen.

Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Operation ist die Konditionierung der eigenen Bevölkerung: Der Gegner muss dämonisiert werden. Leider sind aus dem deutschen Bundestag radikal-pazifistische oder humanistische Stimmen die Ausnahmen geworden. Man hört eine monotone Kriegs-Beschwörung wie aus vielen Papageien-Schnäbeln, die sich in ihren Käfigen in Sicherheit wähnen. Es ist jedoch im ureigensten Interesse Deutschlands, nicht einzustimmen in jene Töne, die die Kriegs-Industrie so gern hören will.