Kreml: Die Lage ist „sehr, sehr gefährlich“
In der Ostukraine sind Kampfhandlungen aufgeflammt. Russland will am Samstag Raketen unter Putins Aufsicht testen.

In der umkämpften Ostukraine kommt es verstärkt zu Kampfhandlungen. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass spricht wörtlich von einem „Blitzkrieg“, den die ukrainische Armee gegen die Rebellen-Gebiete gestartet habe. Zwar habe es keine Verletzten gegeben, doch seien Gebäude beschädigt worden. Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten am Freitag von Angriffen in der Nähe der Ortschaft Stanyzia-Luhanska, wo bereits am Donnerstag ein Kindergarten und mehr als 20 Wohnhäuser beschädigt worden waren. Die pro-russischen Kämpfer in der Region und die ukrainische Armee hatten sich zuvor beschuldigt, in der Nacht etliche Male eine brüchige Waffenruhe verletzt zu haben.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow äußerte sich am Freitag „sehr besorgt“ zur Lage in der Ostukraine. Peskow laut AFP und Tass: „Was im Donbass passiert, ist sehr besorgniserregend“. Die Lage sei „sehr, sehr gefährlich“, sagte er.
Der Kreml hatte erst kürzlich einräumt, dass eine tatsächliche Kriegsgefahr besteht.
Russland hat für Samstag den Beginn eines weiteren Großmanövers angekündigt. Die Militärübung unter Einbeziehung strategischer Truppen sowie ballistischer Raketen werde von Kreml-Chef Wladimir Putin persönlich beaufsichtigt, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Die USA beriefen für Freitag einen virtuellen Krisengipfel ein, an dem die EU- und Nato-Spitzen sowie die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs und weiterer westlicher Staaten teilnehmen sollten.
Neues Manöver mit Schwarzmeer- und Nordmeerflotte
An dem Manöver am Samstag werden nach Kreml-Angaben die Luftwaffe, Armeeeinheiten aus dem südlichen Militärbezirk sowie die Schwarzmeer- und die Nordmeer-Flotte beteiligt sein. Russland hatte in den vergangenen Tagen mehrere Teil-Abzüge von nahe der ukrainischen Grenze zusammengezogenen Truppen verkündet. Auch am Freitag meldete Moskau erneut den Abzug einiger Truppenteile, diesmal aus dem benachbarten Belarus, wo ebenfalls Manöver laufen. Die Aussagen lassen sich jedoch nicht objektiv überprüfen. Die US-Air Force hat unterdessen zwölf F 35 Kampfjets von Utah nach Rheinland-Pfalz verlegt.
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow sagte am Freitag in de Rada in Kiew, die Ukraine plane weder einen Angriff auf den Donbass noch auf die Krim. Russland hatte in den vergangenen Wochen mehrmals darauf hingewiesen, dass der Versuch der Rückeroberung der Krim ein mögliches Szenario sei, auf das man sich vorbereite. Resnikow sagte, dass sich an den russischen Grenzen zur Ukraine rund 149.000 russische Soldaten befänden - Kräfte der russischen Luftwaffe und Marine eingeschlossen. Die Aussage ist objektiv nicht zu verifizieren.
In einer kurzfristig anberaumten Rede vor dem UN-Sicherheitsrat sagte US-Außenminister Antony Blinken, Russland könne nach Einschätzung der US-Geheimdienste einen Angriff auf das Nachbarland „in den kommenden Tagen“ anordnen. Blinken verwies auf seit Tagen von russischen Medien verbreitete Falschnachrichten, in denen von angeblicher ethnischer Säuberung oder „Völkermord“ an russischsprachigen Menschen in der Ukraine die Rede sei. Trotz der Spannungen wollen Blinken und sein russischer Kollege Sergej Lawrow in Kürze ein Treffen abhalten. Terminvorschläge der russischen Seite für das Ende der nächsten Woche habe Blinken unter der Bedingung akzeptiert, dass es „keine russische Invasion der Ukraine gibt“, sagte ein Sprecher.
Die jüngste Eskalation in der Ukraine Krise fällt mit dem Beginn der 58. Münchener Sicherheitskonferenz (MSC) an diesem Freitag zusammen. Der scheidende Leiter der Konferenz, Wolfgang Ischinger, ist zu Beginn der Konferenz allerdings selbst unter Beschuss geraten: Die Magazine Politico und Spiegel berichteten, dass Ischinger die MSC für persönliche Business-Deals eingesetzt habe. Ischinger dementierte im ZDF. (mit AFP)