London: Unterstützen keine unausgebildeten Kämpfer in der Ukraine

Ein neues Gesetz verbietet es Briten unter Umständen, im Ausland zu kämpfen. Ob das Gesetz auch für die Ukraine gilt, ist unklar.

Boris Johnson besucht Nato-Truppen auf der Tapa Army Base in Tallin am 1. März
Boris Johnson besucht Nato-Truppen auf der Tapa Army Base in Tallin am 1. MärzGetty Images Europe

Britische Veteranen, die in der Ukraine gegen russische Truppen kämpfen, werden womöglich wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Nach ihrer Rückkehr droht ihnen die Verhaftung. Das sagte eine Quelle aus den britischen Sicherheitsbehörden und ein Regierungsminister der Londoner Times. Hintergrund ist das britische „designated area offence“-Gesetz. Es wurde 2019 in Zusammenhang mit den Konflikten in Syrien und Irak eingeführt. Das Gesetz verbietet britischen Staatsangehörigen oder Einwohnern die Reise in Regionen oder Länder, bei denen der britische Innenminister der Ansicht ist, dass ihre Anwesenheit ein Sicherheitsrisiko für das Vereinigte Königreich darstellen könnte.

Nach Regierungsangaben soll das Gesetz britische Staatsangehörige daran hindern, sich an „terroristischen Aktivitäten“ zu beteiligen und „ins Ausland zu reisen, um an künftigen ausländischen Konflikten teilzunehmen oder sie zu unterstützen“. Neil Basu, Leiter der Abteilung für Terrorismusbekämpfung in der britischen Regierung, sagte bei der Einführung des Gesetzes, es habe einen „echten operativen Wert“ haben würde, um Menschen davon abzuhalten, in einen „zukünftigen Konflikt“ zu reisen und um Personen zu verfolgen, die aus einem Konfliktgebiet zurückkehren. Ob das Gesetz auch bei Briten angewendet wird, die in der Ukraine kämpfen, ist unklar. Die Times berichtet, dass mehr als 150 ehemalige Fallschirmjäger, die in Afghanistan gedient haben, auf dem Weg in die Ukraine Weg sind, um an der Frontlinie gegen Russland zu kämpfen. Sie kämpfen den Angaben zufolge  „zusammen mit ehemaligen Soldaten der Spezialeinheiten und Tausenden von anderen aus der ganzen Welt“.

Das Nachrichtenportal Middle East Eye fragte bei britischen Innenministerium an, ob geplant sei, die Ukraine zu einem der Gebiet zu erklären, für die das Gesetz gelte. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte MME dazu, dass die Frage der Reisen britischer Staatsangehöriger in die Ukraine grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Foreign, Commonwealth and Development Office (FCDO) (britisches Außenministerium des Vereinigten Königreichs, Anm. d. Red.)) falle. Das FCDO teilte MEE mit, dass britische Staatsangehörige, die in die Ukraine reisen, dies auf „eigenes Risiko“ machen würde. Es rät MEE zufolge „von allen Reisen in die Ukraine ab“.

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Nach Angaben der britischen BBC warnt das FCDO britische Staatsangehörige zudem: „Wenn Sie in die Ostukraine reisen, um zu kämpfen oder andere in den Konflikt verwickelte Personen zu unterstützen, können Ihre Aktivitäten einen Verstoß gegen britische Terrorismus- oder andere Gesetze darstellen, und Sie könnten bei Ihrer Rückkehr in das Vereinigte Königreich strafrechtlich verfolgt werden.“

Außenministerin Liz Truss hatte am Sonntag noch gesagt, sie unterstütze britische Staatsangehörige, die in die Ukraine reisen, um zu kämpfen. Verteidigungsminister Ben Wallace hatte in einer Reaktion gesagt, er „glaube nicht, dass Liz Truss gesagt hat, dass wir unausgebildete Leute unterstützen, um zu kämpfen.“ Wallace hatte britischen Medien weiter gesagt: „Wenn Sie dort kämpfen wollen, sollten Sie zuallererst versuchen, die Ratschläge des Außenministeriums zu befolgen, denn es ist gefährlich. Zweitens sollte man ausgebildet sein, Erfahrung haben und nicht in Diensten stehen. Aber grundsätzlich ist es eine gefährliche Situation, wenn Sie also kämpfen wollen, seien Sie ein Profi, der gedient hat.“

Das Büro von Premierminister Boris Johnson teilte mit: „Wir erkennen die Stärke der Gefühle der Briten, die die Ukrainer unterstützen wollen, voll und ganz an.“ Dennoch rate die britische Regierung von Reisen in die Ukraine ab.

Der britische Anwalt für Einwanderungsrecht Fahad Ansari sagte MME, dass die Äußerungen der britischen Regierung in Widerspruch zur bestehenden Regierungspolitik in Bezug auf ausländische Kämpfer stünden. Ansari: „Seit mehr als 20 Jahren werden britische Muslime, die in Kriegsgebiete gereist sind, um der besetzten Bevölkerung im Kampf gegen Invasionstruppen oder unterdrückerische Regime zu helfen, von den Behörden verfolgt. Wenn ihnen im Ausland nicht die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, wurden sie nach ihrer Rückkehr wegen Terrorismus verfolgt.“ Ansari sagte weiter: „Würden britische Muslime, die in die Ukraine reisen, um gegen russische Truppen zu kämpfen, nach ihrer Rückkehr als Helden oder als Terroristen behandelt werden? Warum gibt es da einen Unterschied?“