Marine-Chef muss nach pro-Putin-Aussagen zurücktreten
Der Inspekteur der Deutschen Marine, Kay-Achim Schönbach, hat gesagt, er halte die Vorstellung einer russischen Invasion in der Ukraine für „Nonsens“.

Der Inspekteur der Deutschen Marine, Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, muss nach Äußerungen zum Ukraine-Konflikt seinen Posten räumen. Vizeadmiral Schönbach hatte bei einem Auftritt in Indien Verständnis für den russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert. „Was er wirklich will, ist Respekt auf Augenhöhe. Und - mein Gott - jemandem Respekt entgegenzubringen, kostet fast nichts, kostet nichts. Also würde man mich fragen: Es ist leicht, ihm den Respekt zu geben, den er fordert - und den er vermutlich auch verdient.“ Er sehe die größere Bedrohung in China, sagte er. „Selbst wir, Indien, Deutschland, brauchen Russland, weil wir Russland gegen China brauchen“, so Schönbach. Er sei ein strenggläubiger Katholik, und Russland sei ein christliches Land - „obwohl Putin ein Atheist ist, das ist egal. Dieses große Land, auch wenn es keine Demokratie ist, auf unserer Seite als bilateralen Partner zu haben, (...) hält möglicherweise Russland von China fern.“
Schönbach sagte zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine: „Die Halbinsel Krim ist weg, sie wird nicht zurückkommen.“ 2014 hatte Russland die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim nach allgemeiner westlicher Interpretation annektiert. Nach russischer Lesart hat sich die Krim freiwillig für einen Beitritt zur Russischen Föderation entschieden. Im Osten des Landes kämpfen seit dem Sturz der pro-russischen Regierung in Kiew von Moskau unterstützte Rebellen für eine Autonomie im Donbass. Der Westen hat in den vergangenen Tagen verstärkt vor der Möglichkeit gewarnt, Russland können einen Einmarsch in das Nachbarland planen. Russland hat massive Truppenverbände an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen, bestreitet aber die Absicht einer Invasion. Schönbach sagte, die Annahme, dass sich Russland ukrainisches Territorium aneignen wolle, sei „Nonsens“.
Seinen Rücktritt teilte das Bundesverteidigungsministerium am Samstagabend den Obleuten im Bundestag mit. Zuvor hatte das ukrainische Außenministerium die deutsche Botschafterin in der Ukraine, Anka Feldhusen, einbestellt.
Das Verteidigungsministerium in Berlin distanzierte sich von Schönbachs Äußerungen. Dieser werde „auf eigene Bitte“ abgelöst und von Konteradmiral Jan Christian Kaack ersetzt. „Die Äußerungen entsprechen in Inhalt und Wortwahl in keiner Weise der Position des Bundesverteidigungsministeriums“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der Deutschen Presse-Agentur.
Schönbach selbst meldete sich am Samstag über seinen dienstlichen Twitter-Account: Er bezeichnete seine Äußerung als „klaren Fehler“ und als „unbedacht, fehleingeschätzt in der Situation“.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte der Berliner Zeitung: „Ich bin eine Freundin klarer Worte vor allem und besonders, wenn es um militärischen Rat geht. Selbstverständlich basierend auf unserem demokratischen Wertekanon. Vizeadmiral Schönbach, Inspekteur der Marine, stellt offen die europäische Sicherheitsstruktur und das Völkerrecht in Frage. Sein Rücktritt ist folgerichtig.“
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, erwartet von Deutschland mehr als nur den Rücktritt: „Wir begrüßen zwar, dass Herr Schönbach seinen Rücktritt angeboten hat“, sagte Melnyk der Zeitung Welt. Der Eklat hinterlasse aber „einen Scherbenhaufen“ und stelle die internationale Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit Deutschlands „massiv in Frage“. Der Botschafter kritisierte, die Aussagen Schönbachs hätten „die gesamte ukrainische Öffentlichkeit in tiefen Schock versetzt“. Melnyk zog dabei einen Vergleich zur Zeit des Nationalsozialismus: „Die Ukrainer fühlten sich bei dieser herablassenden Attitüde unbewusst auch an die Schrecken der Nazi-Besatzung erinnert, als die Ukrainer als Untermenschen behandelt wurden“, sagte er.(mit AFP)
Melnyk sprach zudem von einer „zynischen Verharmlosung der völkerrechtswidrigen Krim-Besetzung“ und einem mit Hochnäsigkeit vorgetragenen Bezweifeln der Souveränität der Ukraine. Aus den Äußerungen des inzwischen zurückgetretenen Marine-Chefs spreche „deutsche Arroganz und Größenwahn, mit denen einer der hochrangigsten Köpfe der Bundeswehr von einer heiligen Allianz mit Kriegsverbrecher Putin und einem deutsch-russischen modernen Kreuzzug gegen China träumt“.