Russland und Ukraine: Erstmals wieder Normandie-Format

In Paris findet erstmals wieder ein diplomatisches Format zur Ukraine-Krise statt. Deutschland scheint an Bedeutung verloren zu haben.

Jens Ploetner, Dmitry Kozak und Emmanuel Bonne bei einem Treffen zur Normandie-Vorbereitung am 6. Januar 2022 in Moskau.
Jens Ploetner, Dmitry Kozak und Emmanuel Bonne bei einem Treffen zur Normandie-Vorbereitung am 6. Januar 2022 in Moskau.imago

Russland erwartet vom Pariser Krisen-Treffen mit Vertretern der Ukraine ein „langes, offenes und ergebnisreiches Gespräch“. Das Ergebnis sollte maximal sein, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Wie hoch dieses Maximum aussehen werde, sei schwer zu bewerten.

In der französischen Hauptstadt wollten die politischen Berater der Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Russland und der Ukraine im sogenannten Normandie-Format zusammenkommen. Berlin und Paris vermitteln in dem seit fast acht Jahren andauernden Konflikt. Es ist das erste Treffen zwischen Russland und der Ukraine seit Beginn der aktuellen Spannungen um den massiven russischen Truppenaufmarsch nahe der Ukraine. Es wird allerdings kein politischer Fortschritt erwartet. Allerdings wollen die Konfliktparteien über humanitäre Erleichterungen für die Bewohner im Donbass sprechen. 

Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte in einer Rede vor der russischen Staatsduma, dass der Konflikt nur überwunden werde könne, wenn die Ukraine den 2015 im Minsker Abkommen vereinbarten Friedensplan umsetze. Das Minsker Abkommen sei vom UN-Sicherheitsrat bestätigt worden und damit „geltendes Völkerrecht“, so Lawrow. Er setze darauf, dass „Frankreich und andere Staaten“ eine unterstützende Rolle in dem Prozess spielen können. Deutschland erwähnte der Außenminister nicht. Grundsätzlich müssten die beiden Separatisten-Republiken von Donezk und Luhansk an den Gesprächen beteiligt werden.

Lawrow sagte außerdem, die US-Regierung hätte Russland zugesagt, dass sie diese Woche detaillierte schriftliche Antworten auf russische Entwürfe zu Sicherheitsgarantien vorlegen werde. Moskau werde nicht zulassen, dass der Westen diese Initiative verschleppt, sagte Lawrow. „Abhängig vom Inhalt dieser Antwort werden wir und unsere Kollegen von anderen Behörden unsere an Präsident Wladimir Putin gerichteten Vorschläge für weitere Schritte entwerfen. Es gibt einen deutlichen Trend, unsere Vorschläge herunterzuspielen und sie in endlosen Diskussionen unter den Teppich zu kehren. Insbesondere betrifft dies die Versuche, dieses Thema auf die OSZE abzuwälzen, und die nachdrücklichen Forderungen der Europäischen Union, dafür einen Platz in diesen Diskussionen zu finden. Wir werden dies nicht zulassen. Wir werden nicht zulassen, dass sie unsere Initiative entkräften“, sagte Lawrow in Moskau.

Staatschef Präsident Wladimir Putin will zur Ukraine-Krise an diesem Freitag mit seinem französischen Kollegen Emmanuel Macron telefonieren.

Der Kreml bezeichnete die Erwägung direkter Sanktionen gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin im Ukraine-Konflikt als „destruktiv“. „Politisch ist das nicht schmerzhaft, sondern destruktiv“, sagte Peskow.

US-Präsident Joe Biden hatte Strafmaßnahmen auch gegen seinen russischen Kollegen nicht ausgeschlossen. Die Staatschefs hatten wegen des Konflikts im Dezember zweimal miteinander gesprochen.

Russland hat unterdessen nach Angaben russischer Staatsmedien weitere Truppen an der ukrainischen Grenzen mobilisiert. Nach Ansicht der ukrainischen Regierung reicht die Zahl der Truppen allerdings noch nicht aus, um eine massive Invasion durchzuführen. (BLZ, mit AFP und dpa)