Wie bei den Privaten: ARD-Lebensberatung mit Bruce: Mit anderen Augen

Nach zwei Minuten gibt es die ersten Tränen. Bruce kann sie gerade noch zurückhalten, aber bei Christina geht jetzt nichts mehr. Sie finde sich extrem hässlich, hat sie dem neuen ARD-Stylisten zu Beginn der Sendung anvertraut, deshalb müsse sie manchmal einfach ein bisschen weinen. Was die 22-jährige Wirtschaftsstudentin dann auch ausgiebig tut. Der Grund für die tiefe Traurigkeit ist ihre mangelnde Oberweite, sogar eine chirurgische Aufpolsterung habe sie schon erwogen. Nun sind die Ansprüche ja auch in dieser Hinsicht durchaus verschieden, aber zu den Bedürftigen zählt Christina sicher nicht. Das findet Bruce auch, und dann sagt er, dass er schon herauskriegen werde, wo der Schuh drückt.Abgesehen davon, dass es Christina um andere Regionen ihres Körpers ging und von drücken erst recht keine Rede war, hat Bruce seine ersten beiden Auftritte im ARD-Vorabendprogramm ganz ordentlich herumgebracht. Ganz ordentlich heißt in diesem Fall, dass sich Bruce und Christina erwartbar oft um den Hals gefallen sind und dabei angemessen hemmungslos geschluchzt haben. Das war am Tag darauf bei Madeleine etwas schwieriger, denn Madeleine hat es nicht so mit dem schnellen Schluchzen. Sie will auch nicht mehr Dekolleté, sondern lieber ein wenig an Selbstbewusstsein zulegen. Sie fühle sich wie eine graue Maus, vertraut Madeleine der Kamera an, ihr Mann sieht sie mehr so als Raupe und wünscht sich doch so sehr einen Schmetterling. Kein Problem für Bruce, der macht noch aus jeder Maus einen Schmetterling. "Du bist eine Frau, und du wirst immer eine Frau bleiben", hat er nach kurzer Zeit erkannt, Madeleine zeigt sichtbare Zeichen der Erleichterung. Und auch der Zuschauer ist dankbar für diese Prognose.Etwas befremdlich für den öffentlich-rechtlichen Vorabend ist nur der Sprecher, der mit belegter Stimme wiederholt, was eben zu sehen und zu hören war. Das hat ein bisschen was von RTL 2, aber auch an dieses Publikum schmeißt sich die ARD inzwischen ran. Recht erfolglos allerdings. In der jüngeren Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, auf die die ARD in ihrem werbedurchsetztem Vorabendprogramm zielt, kam die erste Ausgabe auf einen Marktanteil von nur 6,3 Prozent. Das ist traurig, aber das ist der Wahrheit, ja ja.Fünf Wochen lang hält Bruce seine Lebensberatung im ARD-Vorabendprogramm geöffnet, ein bisschen aufregender als in den ersten beiden Sendungen darf es dabei durchaus zugehen. Sie solle sich mal von außen betrachten, rät er Christina, es gehe darum, den eigenen Körper mit anderen Augen zu sehen. Wie genau das funktioniert, verrät Bruce leider nicht.Überhaupt scheint Bruce der Mann fürs große Ganze zu sein, der Philosoph unter den Lebensberatern. "Du brauchst Spaß!", ruft er Christina zu und "Das bist du!". Für die sachdienlichen Hinweise stehen ihm zwei Assistentinnen zur Seite, die in die tieferen Geheimnisse von Stil und Mode einweisen. "Nicht jeder BH, der passt, sitzt auch perfekt", weiß Stylistin Katja zu berichten, und überhaupt sei nicht nur wichtig, was darunter ist, sondern auch, was darüber. Das sind doch mal konkrete Anhaltspunkte.Viel mehr an verwertbaren Informationen lieferten die beiden ersten Ausgaben nicht. Aus der grauen Maus ist so etwas wie ein Schmetterling geworden, ansonsten ist Madeleine eine Frau geblieben. Christina trägt statt Rollkragenpulli und Jeans jetzt ein knappes Kleid und einen fürchterlichen Pony. "Bist du ready?", fragt Bruce und führt sie zum Spiegel, damit sie sich bestaunen darf. Von außen und mit anderen Augen.------------------------------Foto: Das bist du! Gut erkannt, Bruce. Auch Christina ist angemessen überwältigt.