Wie die DDR versuchte, Havemann mundtot zu machen: Hausarrest sollte den Regimekritiker isolieren

Am 26. November 1976 wurde Robert Havemann am Nachmittag von der Volkspolizei abgeholt. Gerade in jenen Tagen nach der Biermann-Ausbürgerung, der Festnahme des Schriftstellers Jürgen Fuchs und anderer Freunde Havemanns "hatten wir immer die Angst, daß so etwas geschehen würde", sagt Havemanns Witwe Katja.Es wäre nicht die erste Haft für den 66jährigen gewesen. Als Gründer einer Widerstandsgruppe war er 1943 von den Nazis zum Tode verurteilt worden, im Zuchthaus Brandenburg hatte er nur unter Vorspiegelung "kriegswichtiger Forschungen" den Kopf aus der Schlinge ziehen können. Später, in seiner "stalinistischen Phase", hatte Havemann zeitweise als Informant für die Stasi der DDR gearbeitet. Dann geriet er selbst in deren Visier. Der Chemiker verlor seinen Lehrstuhl an der Berliner Universität und den Sitz in der Akademie der Wissenschaften. Die DDR-Führung versuchte seitdem, Havemann daran zu hindern, seine systemkritischen Texte im Westen zu veröffentlichen ­ vergeblich.An jenem Novembernachmittag 1976 brachte die Polizei Havemann ins Kreisgericht nach Fürstenwalde. Das Gericht legte fest, daß er sein Wochenendgrundstück in Grünheide bei Berlin nicht mehr verlassen dürfe. Diese Taktik war in der Berliner Zentrale der Staatssicherheit erdacht worden. Ziel war es, den Regimegegner zwar festzuhalten und zu kriminalisieren, ohne die DDR dadurch in Mißkredit zu bringen ­ was bei einer Verhaftung des Tuberkulosekranken geschehen wäre.Mit seinem öffentlichen Einsatz für seinen am 13. November 1976 ausgewiesenen Freund, den Liedermacher Wolf Biermann, war Havemann nach Ansicht des SED-Regimes zu weit gegangen.Gegen das Urteil des Fürstenwalder Gerichts legte Havemanns Anwalt Götz Berger Berufung ein. Das Bezirksgericht Frankfurt (Oder) wies die Berufung damals ­ ganz im Sinne der Stasi-Konzeption ­ zurück. Berger verlor seine Arbeitserlaubnis. Im Sommer 1979 wurde erneut der Versuch unternommen, Havemann strafrechtlich zu belangen und durch Beschlagnahme seiner Arbeitsmittel in seiner publizistischen Arbeit zu behindern: Ein Strafantrag wegen Devisenvergehens wurde vollstreckt. Auch diesmal entsprach das Vorgehen der Juristen Stasi-Konzeptionen, erneut wurde die Berufungsschrift seines Verteidigers, diesmal Gregor Gysi (er behielt seinen Job), abgewiesen.Für die DDR war Havemann damals der "Staatsfeind Nummer eins", wie Wolf Biermann feststellte. Im Verfahren gegen seine Ankläger und Richter zeigte sich, daß Honecker und Mielke viele der Maßnahmen gegen Havemann persönlich gesteuert hatten.