"Wie ein Keulenschlag"

BERLIN/STAVENHAGEN, 29. Januar. Bernd Mahnke versteht die Welt nicht mehr. Sozial verträglich sollten die Standortschließungen sein, hatte er aus Berlin gehört. Stavenhagen, war sich der Bürgermeister sicher, konnte kein Kandidat sein: Seit Jahren hat die Region mit rund 25 Prozent die höchste Arbeitslosenrate in Deutschland. Dass die landschaftlich schöne Gegend 30 Kilometer nordwestlich von Neubrandenburg als strukturschwach gilt, bezweifelt niemand. Die Bundeswehr ist dort der größte Arbeitgeber.Um so größer der Schock am Montagvormittag. Die Nachricht trifft die Stadtverwaltung unvorbereitet. Mahnkes Nachfrage in der Kaserne "Mecklenburgische Schweiz" überrascht auch den Kommandeur, Oberstleutnant Joachim Smola, der den Posten erst Mitte Dezember übernommen hat. Smola schaut ins Intranet der Bundeswehr und erhält dort die Bestätigung.Mahnke sucht nach Worten, um die Tragweite der Entscheidung für die Stadt und ihre 8 000 Einwohner zu beschreiben. "Das trifft uns wie eine Keule", sagt er. Es gehe um Dienstplätze für mehr als 800 Soldaten und 200 Zivilbeschäftigte, ihre eine Million Mark Kaufkraft pro Monat sowie gut 100 Verträge mit Handwerkern und Dienstleistern mit einem Umsatz von 7,6 Millionen Mark im Jahr. 48 Lehrlinge bildet die Bundeswehr aus, vor allem Kommunikationselektroniker. Wohnungen sind bisher an Soldaten vermietet, Gaststätten und Hotels sind auf die Einnahmen angewiesen. Noch am Nachmittag telefoniert der CDU-Politiker mit Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD). Der kann allerdings nur darauf verweisen, dass das Land in geringerem Umfang als andere betroffen ist. Doch kampflos will Mahnke die Entscheidung nicht hinnehmen. "Das muss im Land anders aufgeteilt werden", fordert er. Dafür will er die Region mobilisieren und die Leute auf die Straße bringen, die Stadt "muss jetzt aufstehen". Bis Mitte Februar seien bereits erste Aktionen geplant. In Stavenhagen werde begonnen. Aber der Bürgermeister will nicht ausschließen, "dass wir auch in Berlin demonstrieren". Die Frage, ob die Entscheidung auch unter einer Unions-Regierung so gefallen wäre, will Mahnke nicht beantworten. "Ich will an diesem Tag nicht unfair sein", sagt er.