Wird es künftig Islam-Unterricht an Berliner Schulen geben? Darf die unter Extremismus-Verdacht stehende "Islamische Föderation" daran mitwirken? Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet am heutigen Mittwoch.: "Islamische Unterweisung" - ein Schulversuch in Köln
KÖLN, im Februar. "Wer ist denn nun heilig, Mohammed oder Jesus": Tugba fragt vorsichtig vielleicht ist es eine dumme Frage. Emin Alan, ihr Lehrer, dreht sich zu ihr um: "Für uns sind beide heilig: Mohammed ist unser Prophet und Jesus, der Sohn von Maria, war der Prophet der Christen. Er wird aber auch im Koran erwähnt." Tugba lächelt: Was Herr Alan gerade erklärt hat, hört sich so ähnlich an, wie das, was sie aus der Moschee kennt. Sonst ist alles ziemlich neu. Die zwölf Kinder der fünften Klasse des Hansa-Gymnasiums in Köln gehören zu den ersten muslimischen Schülern in Deutschland, für die Islam ganz normal auf dem Stundenplan steht: der Unterricht findet auf Deutsch statt, während der regulären Unterrichtszeit, wer nicht aufpasst, kriegt eine schlechte Note. In Nordrhein-Westfalen läuft ein Schulversuch: Islamische Unterweisung als eigenständiges Unterrichtsfach. Bisher können Ausländerkinder in NRW wie in einigen anderen Bundesländern auch im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts an religiöser Unterweisung teilnehmen. Von den 240 000 muslimischen Schülern in NRW nahmen allerdings nur 11 000 das Angebot an. Emin Alan, ein Mann um die fünfzig, hat in der Türkei studiert, auch ein wenig den Islam. Als junger Lehrer kam er nach Deutschland. Seit dreißig Jahren ist er im Schuldienst. Bisher hat er Türkisch als Muttersprache und Sport unterrichtet. Das Hansa-Gymnasium gehörte zu den ersten der bislang 30 Schulen, die an dem Versuch Interesse angemeldet haben und begann als erste mit dem Unterricht. Schulleiter Eckhard Wieberneit dazu: "Unsere Schüler haben ein Recht, ihre Kultur kennen zu lernen, und außerdem haben wir den passenden Lehrer", er berührt Emin Alan leicht am Arm. "Der Unterricht steht und fällt mit dem Lehrer er muss glaubwürdig über den Islam sprechen können, dazu muss er selbst daran glauben. Andererseits darf er nicht zu stark einer Glaubensrichtung angehören, sonst kann er nicht mit der nötigen Distanz über die Strömungen lehren."Emin Alan erfüllt alle Kriterien, die das Ministerium festgelegt hat: Die Lehrer für das neue Fach sollen bereits im Schuldienst tätig, muslimischen Glaubens und der deutschen Sprache mächtig sein. Sie müssen sich freiwillig bereiterklären und möglichst schon im Rahmen des muttersprachlichen Unterrichts Islam unterrichtet sowie an Fortbildungen teilgenommen haben.Emin Alan spricht perfekt Deutsch, doch "Islamische Unterweisung" kommt ihm schwer über die Lippen. Ist ja klar: Man will immer Religionsunterricht sagen. Aber genau das wäre falsch. Der neue Unterricht soll über Inhalte, Geschichte, Traditionen des Islams informieren, nicht in den Glauben einführen. Gebetet wird im Hansa-Gymnasium also nicht. Nach dem Grundgesetz bestimmen die Religionsgemeinschaften die Inhalte des Religionsunterrichts, der dann in allen Bundesländern außer in Berlin und Bremen den Schulbehörden untersteht. Da es jedoch keine islamische Vereinigung gibt, die als Körperschaft öffentlichen Rechts die gleiche rechtliche Stellung wie die christlichen Kirchen hat, fehlt den deutschen Behörden der Ansprechpartner von islamischer Seite. Die Lösung: Statt Religionsunterricht bekommen die muslimischen Kinder religiöse Unterweisung und die Behörden legen fest, was gelehrt wird."Das können wir nicht akzeptieren", sagt Asiye Köhler vom Zentralrat der Muslime in Deutschland: "Deswegen klagen wir gegen den Schulversuch. Die Landesverfassung garantiert den Religionsgemeinschaften Mitspracherecht." Seit weit über zehn Jahren setzt sie sich für den islamischen Religionsunterricht ein, doch die Situation ist festgefahren. "Manche in den Mitgliedsverbänden wollen diesen neuen Schulversuch akzeptieren. Besser als gar nichts", berichtet sie. Andere wollen ihn unterwandern: Statt neutraler Wissensvermittlung doch Erziehung zum Glauben. Wer will schon kontrollieren, was die Lehrer hinter geschlossenen Türen unterrichten? "Doch dann weiß niemand mehr, was eigentlich passiert", darin sieht Asiye Köhler das Risiko. Sie will klare Verhältnisse. Außerdem geht es ums Prinzip: Die muslimischen Verbände wollen mitreden. "Es ist doch eine Ausrede, dass es bei uns keine Ansprechpartner gibt", sagt Asiye Köhler. So haben sich gerade zwei der großen Verbände Islamrat und Zentralrat zu einer gemeinsamen Kommission zusammengeschlossen. Ihre erste Aktion: die Klage gegen den Schulversuch. Derweil spricht der Erfolg für den Versuch. In der fünften Klasse des Hansa-Gymnasiums nehmen alle muslimischen Kinder am Islamunterricht teil. An anderen Schulen sind es um 80 Prozent. Und Tugba findet den Unterricht klasse: "Ich mag besonders die Geschichten über den Propheten.""Islamische Religionskunde wäre ebenso verfassungswidrig wie christliche Religionskunde. " Bischof Huber