Air Berlin: Stefan Pichler wird neuer Air-Berlin-Chef

In Deutschland ist er seit einem Jahrzehnt weg von der großen Bühne, war beruflich und privat vor allem am anderen Ende der Welt unterwegs. Derzeit ist Stefan Pichler Chef von Fiji Airways. Das ist die staatliche Fluglinie der Fidschi-Inseln mit sage und schreibe sieben Maschinen. Doch mit dem gemächlichen Leben in der Südsee ist es bald vorbei. Der 56-Jährige feiert sein Comeback hierzulande, wird Anfang Februar 2015 Vorstandschef von Air Berlin.

Pichler zählt zu den schillerndsten Managern der Luftfahrtbranche. Schon in jungen Jahren stand er im Scheinwerferlicht – als einer der besten deutschen Marathonläufer. Seine Karriere als Führungskraft begann im Marketing des US-Sportartiklers Nike. Mit knapp über 30 wechselte er zur Lufthansa und sprintete dort in der Hierarchie nach oben. Er galt als sicherer Nachfolger des damaligen Konzernchefs Jürgen Weber. Doch soll er wichtigen Leuten nicht ganz geheuer gewesen sein – etwas zu forsch, laut und selbstbewusst. Wolfgang Mayrhuber kam zum Zuge, Pichler wurde zur Firma mit dem spröden Namen C&N „abgeschoben“, wie böse Zungen sagten. Doch er ließ sich nicht unterkriegen. Er tauschte fast das komplette Management aus, baute in Rekordzeit das Gemeinschaftsunternehmen von Lufthansa und Karstadt-Quelle zu einem internationalen Touristikkonzern um, und gab ihm auch einen neuen Namen: Thomas Cook. Seine Expansionspläne wurden aber durch die Luftfahrtkrise in Folge der Anschläge vom 11. September 2001 jäh gestoppt. 2004 wurde Pichler vom Hof gejagt. Die Konservativen im Konzern nahmen ihm übel, dass er sogar die gut eingeführte Ferienfliegermarke Condor opferte und auf die Maschinen für viel Geld „Thomas Cook“ spritzen ließ.

Air Berlin kann Radikalumbauer gebrauchen

Pichler machte nach seinem Rauswurf andernorts mit Vehemenz weiter, krempelte die australischen Fluggesellschaft Virgin Blue und dann Jazeera Airways aus Kuwait um – letztere wurde eine der profitabelsten Airlines weltweit. Das gibt eine Ahnung von dem, was bei Air Berlin anstehen könnte. Die Fluggesellschaft kann jedenfalls einen Radikalumbauer gebrauchen. sie wäre mutmaßlich längst pleite, wenn der Großaktionär vom persischen Golf, die Fluglinie Etihad, nicht wäre, die das deutsche Unternehmen mit Finanzspritzen schon mehrmals gerettet hat.

Dabei war Air Berlin anderthalb Jahrzehnte lang erfolgreich. Bald nach dem Fall der Mauer richtete der Gründer und langjährige Geschäftsführer Joachim Hunold das Mallorca-Shuttle ein: Ferienflüge von Deutschland in die Urlaubsregionen rund ums Mittelmeer. Hunold selbst brachte dann aber das erfolgreiche Geschäftsmodell mit einer wüsten Einkaufstour in Wanken.

Air Berlin übernahm unter anderem die Rivalen Deutsche BA und LTU und wurde zu groß und zu komplex und zu einer merkwürdigen Mischung aus Ferien- Billig- und Linienflieger. Darunter leidet das Unternehmen noch heute.

Etihad-Manager werden immer ungeduldiger

Die Wechsel an der Führungsspitze änderten wenig an den notorisch roten Zahlen – Hunold wurde von Hartmut Mehdorn ersetzt, ihm folgte Wolfgang Prock-Schauer, der jetzt in die zweite Reihe zurück muss und künftig für die Netzplanung zuständig sein soll. Sparprogramme wurden in den vergangenen Jahren nur zögerlich umgesetzt, wohl auch weil Hunold im Hintergrund immer noch mitmischt. Schon seit geraumer Zeit ist zu erkennen, dass die Etihad-Manager immer ungeduldiger werden. Sie wollen nicht noch weitere riesige Millionenbeträge in das Unternehmen stecken. Air Berlin soll offenbar so schnell wie möglich auf eigenen Beinen stehen, zumal das Luftfahrtbundesamt der Airline im Nacken sitzt. Es prüft derzeit, ob sie noch eigenständig ist, ansonsten droht der Entzug von Start- und Landerechten in Europa.

Der Neue soll es jetzt richten. Zum Umbau à la Pichler würde passen, dass er das komplizierte Streckennetz vereinfacht und die Flotte mit rund 144 Maschinen deutlich verkleinert . Denkbar wäre die Trennung in zwei Sparten: Das könnte einerseits auf die Rückkehr zum reinen Ferienflieger und andererseits auf Zubringerdienste für Etihad hinauslaufen.

Und wenn Pichler scheitert? Dann begibt er sich womöglich wieder unter Wasser. Nach seinem Abgang bei Thomas Cook schlug er sich schon einmal eine Zeit lang als Tauchlehrer durch.