Anti-Korruptions-Gesetz: „Peinlicher geht's kaum“
Mit Ablehnung haben die Koalitionsfraktionen auf Forderungen deutscher Spitzenmanager reagiert, stärker gegen Korruption vorzugehen. In einem Brief an alle Fraktionsvorsitzenden hatten 35 Konzernchefs den Bundestag aufgefordert, die Anti-Bestechungs-Konvention der Vereinten Nationen in deutsches Recht umzusetzen. Das ändere aber nichts an der „grundsätzlich kritischen Haltung“ der Union gegenüber dem Abkommen, sagte eine Fraktionssprecherin der Frankfurter Rundschau.
„Wir setzen uns uneingeschränkt gegen Korruption und Bestechung sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Bereich ein“, erklärte Fraktionsvize Günter Krings. Die rot-grüne Regierung habe aber bei der Aushandlung der Konvention bis 2003 eine Haltung vertreten, die die Union nicht teile. Vor allem setze das Abkommen „gewählte Abgeordnete mit weisungsgebundenen Beamten gleich“, was in Deutschland rechtlich problematisch sei. Die Freiheit des Mandats dürfe nicht nach Ermessen einzelner Staatsanwälte eingeschränkt werden. Über ein in diesem Sinn verfassungskonformes Gesetz berate der Rechtsausschuss Mitte Oktober.
Imageschaden im Ausland
In dem Brief an die sechs Fraktionschefs im Bundestag fordern Manager von Wirtschaftsriesen wie Adidas, Daimler, RWE, Siemens und Deutsche Bank, „dass sich die Bundestagsfraktionen zusammenfinden und endlich einen Gesetzentwurf verabschieden“. Das UN-Übereinkommen sei „der bedeutendste völkerrechtliche Vertrag zur globalen Bekämpfung von Korruption“. Dass Deutschland es seit neun Jahren nicht umsetzt, „schadet dem Ansehen der deutschen Wirtschaftsunternehmen in ihren Auslandsaktivitäten“, heißt es in dem Schreiben, das der FR vorliegt. Den Einwand, dass die Strafen zur Abgeordnetenbestechung unverhältnismäßig verschärft werden würde, lassen die Manager nicht gelten: „Integre Abgeordnete brauchen sich vor schärferen Regelungen nicht zu fürchten“, schreiben sie.
„Peinlicher geht es kaum“, kommentiert SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Rüge. „Im Klartext heißt das: Die deutsche Wirtschaft schämt sich für diese Bundesregierung“, erklärte er der FR. Für die Bundesrepublik sei der Imageschaden im Ausland groß, und die Deutschen fragten sich mit Recht, wieso die Regierung nicht längst gehandelt habe – „auch mit Blick auf die Affäre Wulff“. Schwarz-Gelb solle sich den Gesetzentwürfen der Opposition anschließen.
Jahrelange Blockade
Das fordert auch der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag. „CDU/CSU/FDP betreiben seit Jahren eine hinterwäldlerische Blockade und weigern sich, die gegenüber anderen Staaten hoch gehaltenen Grundsätze zu Hause zu befolgen“, sagt er. Er begrüße, dass „die international aufgestellte deutsche Wirtschaft sich dies nicht länger bieten lässt. Hoffentlich bricht der Aufruf die Front der Blockierer auf.“
Dass sich die Regierungskoalition gegen strengere Korruptionsregeln sperre, findet auch die haushaltspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Gesine Lötzsch, „peinlich“. Denn durch strengere Gesetze gerate „nicht die Freiheit des Mandats in Gefahr“, sagte Lötzsch der FR, „sondern die Freiheit, sich bestechen zu lassen.“