Artur Braun: Kompromissloses Design als Vermächtnis

Der „Schneewittchensarg“ zum Beispiel oder der Elektrorasierer Sixtant SM 31. Beide Geräte sind Design-Ikonen. Entwickelt unter der Ägide von Artur Braun. Wie seine Familie jetzt bekanntgab, ist Artur Braun schon am 3. November im Alter von 88 Jahren gestorben.

Braun ist das, was man einen Pionier der deutschen Industrie in den Nachkriegsjahren nennt. Der gelernte Ingenieur (Jahrgang 1925) trat 1950 mit seinem vier Jahre älteren Bruder in die Firma des Vaters Max Braun ein, der damals einen Neuanfang in Frankfurt am Main versuchte, und zwar mit einem ganz neuen Produkt, einem elektrischen Rasierapparat. Durch das vom Senior entwickelte Gerät veränderte sich vieles bei Braun. Doch Max Braun erlebte die großen Erfolge nicht mehr. Er starb schon 1951.

Die Söhne übernahmen die Geschäftsführung und krempelten das Unternehmen komplett um. Dazu zählte gesundes Kantinenessen und ein neues Produktsortiment – wobei sie am Elektrorasierer festhielten. Artur Braun entwickelte die Erfindung seines Vaters weiter. Ergebnis war der Sixtant SM 31; die Produktbezeichnung rührt von den sechseckigen Löchern im neuen Scherfolie des Rasierers.

Radio und Plattenspieler

Eine Art Revolution löste die SK 4 aus. Die Kombination aus Radio und Plattenspieler hatte rein gar nichts mit den in den 50er Jahren meist aus dunklem Holz gefertigten klobigen Musiktruhen zu tun. Die SK 4 hat ein Blechgehäuse und eine Haube aus Plexiglas – deshalb der Spitzname Schneewittchensarg. Das war kühles und kühnes Industriedesign, das kompromisslos auf Purismus getrimmt war. Alles sollte einem Maximum an Funktionalität untergeordnet werden – nicht nur bei der SK 4, sondern bei allen Produkten aus dem Hause Braun, auch das war Teil der neuen Unternehmenskultur, die die Söhne des Gründers durchsetzten.

Den Schneewittchensarg gibt es heute in jedem Designmuseum, das etwas auf sich hält, zu sehen. Es ist inzwischen das weltweit bekannteste Produkt Braun, obwohl es seit Jahrzehnten nicht mehr hergestellt wird. Wer genau welchen Anteil an der SK 4 hatte, lässt sich so genau nicht sagen. Denn alles, was bei Braun erdacht und produziert wurde, war letztlich eine Teamleistung. Fest steht nur, dass Artur Braun der Chef-Entwickler war. Die Idee für die Haube wird dem gelernten Innenarchitekten Dieter Rams zugeschrieben, der 1955 zu Braun kam.

Rams genießt längst Kultstatus. So hat Jonathan Ive, der beim Computerkonzern Apple für die Gestaltung verantwortlich ist, den Designer aus dem Hessischen ausdrücklich zu seinem Vorbild erklärt. Einige Geräte des US-Konzerns wirken denn auch fast wie Kopien von Braun-Produkten, etwa die erste Generation des iPod, die stark an ein Taschenradio erinnert.

Unter den Braun-Brüdern wurde aus einer Firma mit 150 Beschäftigten ein weltweit agierendes Unternehmen mit zeitweise rund 5 700 Beschäftigten. Trotz der Erfolge in der Unterhaltungselektronik blieben die Rasierer das wichtigste Standbein. Das war auch der maßgebliche Grund dafür, dass der US-Konzern Gillette (Spezialist für Nassrasierer) 1967 Braun kaufte. 2005 übernahm Procter&Gamble wiederum Gillette. Die Elektrorasierer mit dem Braun-Logo gibt es noch immer. Das Geschäft mit HiFi-Geräten wurde 1991 eingestellt.