Der schwedische Staatskonzern Vattenfall verklagt Deutschland auf rund 3,7 Milliarden Euro wegen des Atomausstiegs. Das bestätigen Regierungskreise. Grund ist die Abschaltung der alten Vattenfall-Atommeiler Krümmel und Brunsbüttel im Frühjahr 2011.
Der Energieriese hat deswegen das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) angerufen. Vor einer Woche wurde bekannt gegeben, welche Anwälte Deutschland und Vattenfall mit der Wahrnehmung ihrer jeweiligen Interessen beauftragt wurden. Vattenfall erwartet, dass das Verfahren drei bis vier Jahre dauern werde, äußerte sich aber nicht zu Details.
Ruf nach dem Bundesverfassungsgericht
Auch die beiden deutschen Atomkonzerne RWE und Eon verlangen Kompensation und rufen deshalb das Bundesverfassungsgericht an. Vattenfall als ausländischer Konzern kann jedoch mit besseren Aussichten auch auf ein internationales Schiedsverfahren zurückgreifen, das die Interessen von Unternehmen in den Vordergrund stellt. Andere Aspekte wie der Umweltschutz sind nachrangig; Berufung ist nicht möglich. Schweden und Deutschland waren 1994 dem Energiecharta-Vertrag beigetreten – unter Zustimmung des Bundestags. Das Abkommen erlaubt Klagen wegen politischer Entscheidungen.
Der Geschäftsführer der konzernkritischen Organisation PowerShift, Peter Fuchs, sagte der Frankfurter Rundschau, der Fall zeige, wie problematisch derartige Abkommen seien. „Politik wird dadurch zu einem Investitionsrisiko degradiert.“ Die Verfahren seien zudem völlig intransparent.
Es ist erst der zweite Klagefall gegen die Bundesrepublik. Im ersten hatte sich ebenfalls Vattenfall an die Schiedsstelle gewandt, es ging um Verluste durch ein Kohlekraftwerk. Am Ende stand ein Vergleich ohne Strafzahlung.