Bankenunion: Schäuble zieht Sicherheitsnetz ein

Brüssel - „Es war eine kurze Nacht“, sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwochmorgen in Brüssel. Die Beratungen mit den Kollegen der Eurogruppe hatten sich am Vorabend lange hingezogen, gleich stand das Treffen mit den Finanzministern aller EU-Staaten an. Es ging um letzte Details der Bankenunion. Die Eurogruppe berät zwar getrennt, aber beschlossen wird gemeinsam – man will Europa nicht weiter spalten.

Denn die Finanz- und Staatsschuldenkrise hat Europa genug entzweit. Schäuble hob deshalb hervor: „Die Bankenunion ist ein wichtiger Beitrag für die Stabilität der Euro-Zone.“ Das ist sie. Aber sie war einmal anders gedacht. Im Juni des vergangenen Jahres sollte es eigentlich darum gehen, dass der Rettungsfonds ESM direkt Banken rekapitalisieren darf.

Ein zweites Irland sollte es nicht geben, wo die Rettung der Banken den Staat in die Pleite führte. Der „Teufelskreis zwischen Staaten und Banken“ sollte durchbrochen werden, wie es damals hieß. Das ist vielleicht gelungen, nur vom ESM war sehr wenig die Rede, als Schäuble am Mittwoch in Brüssel sprach.

Leichte Verzögerungen

Eigentlich sollte die Bankenunion bis Ende des Jahres besiegelt sein. Nun wird es leichte Verzögerungen geben, letzte Details sollen noch bis Februar verhandelt werden. Fest steht: Ab 2016 sollen die Banken in einen Fonds einzahlen, der bis 2026 55 Milliarden Euro umfassen soll. Aus diesem Topf soll künftig die Sanierung von Pleitebanken bestritten werden.

Bis ausreichend Mittel bereitstehen, sollen sich nationale Abwicklungsfonds gegenseitig beistehen, etwa über Kredite. Zur Not muss das Heimatland der Krisenbank einspringen. Bis 2026 soll der Abwicklungsfonds dann vergemeinschaftet werden.

Davor strebt Schäuble zwischenstaatliche Verträge an, die regeln, wie sich die nationalen Fonds gegenseitig helfen sollen. Doch dagegen regt sich Kritik. „Eine intergouvernementale Regelung wird es mit dem Europaparlament nicht geben“, sagte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold der Berliner Zeitung. Zudem forderte Giegold, dass der Abwicklungsfonds für alle 6 000 Banken zur Verfügung stehen müsse und nicht allein für die 250 wichtigsten Institute in der Euro-Zone.

Schäuble aber will unter allen Umständen vermeiden, dass frühzeitig Gemeinschaftsmittel für die Bankensanierung herangezogen werden. Das zeigt sich auch bei der Gestaltung des Abwicklungsgremiums, des sogenannten Boards. Über die Verwendung der Mittel sollen dort die durch eine Sanierung betroffenen Länder entscheiden. Reichen deren nationale Kapazitäten nicht aus, hat auch Schäuble hier ein Sicherheitsnetz eingezogen. Über die Verwendung von Gemeinschaftsmitteln soll das Plenum aller Eurostaaten entscheiden – und zwar mit doppelter Mehrheit. Zum einen die der Staaten, zum anderen muss die Mehrheit aber auch 50 Prozent des eingezahlten Kapitals repräsentieren. Europäische Geschenke verteilt Schäuble nicht - auch nicht in der Vorweihnachtszeit.

Klingt kompliziert, nicht für Schäuble. „Gemessen am Brüsseler Niveau ist das eine klare Regelung“, sagte der Bundesfinanzminister. Sein französischer Kollege Pierre Moscovici hatte in der Nacht erneut den Rettungsfonds ESM als letzte Finanzierungsquelle erwähnt. Schäuble will dies verhindern. Er stellte vorweihnachtlich klar. „Wir sind hier nicht im himmlischen Jerusalem.“