Besonders aktive Internethändler werden dem Finanzamt gemeldet
Ein neues Gesetz zwingt Online-Plattformen seit diesem Jahr, besonders aktive Verkäufer den Finanzbehörden zu melden. Private Händler müssen das nicht fürchten.

Eine Neuregelung zu Geschäften auf Internetplattformen wie Ebay oder Airbnb verunsichert die Verbraucher. Seit 2023 sind die Betreiber der Portale verpflichtet, die Finanzbehörden zu informieren, wenn einzelne Nutzer 30 oder mehr Transaktionen pro Jahr erfolgreich getätigt haben oder eine bestimmte Verkaufssumme erreicht wurde. Bei diesen Nutzern wollen die Finanzbehörden eine Steuerpflicht prüfen. Wir haben mit Experten gesprochen, für wen die Änderung relevant ist und ob sie auch Einfluss auf Privatverkäufe hat.
Neue Regelung: Ab sofort sollen Internetverkäufer stärker hinsichtlich ihrer Steuerpflicht überprüft werden. Das ist der Kern einer Neuregelung, die zunächst von der EU beschlossen und dann in einem nationalen Gesetz umgesetzt wurde. Das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) ist zum 1. Januar in Kraft getreten. Die Plattformen müssen jetzt Nutzer dem Finanzamt melden, die bestimmte Grenzwerte überschritten haben. Das sind 30 oder mehr Verkäufe und/oder 2000 Euro oder mehr Einnahmen pro Jahr.
Seit diesem Monat werden die Transaktionen durch die Plattformen erfasst. Nutzer, die die Grenzwerte überschreiten, werden von den Plattformen darüber informiert. Sie müssen diesen ihren vollständigen Namen, die Adresse, ihr Geburtsdatum und eine Steuer-ID oder Steuernummer nennen. „Diese Daten haben wir von vielen Nutzern nicht“, sagt Pierre Du Bois, Sprecher von Ebay-Kleinanzeigen. Im Januar 2024 transferieren die Plattformen erstmals Daten an die Finanzbehörden, danach im Januar 2025 und so weiter.
Die Plattformen: Von der Regelung betroffen sind alle Plattformen, auf denen Waren oder Dienstleistungen verkauft werden, teilt das Bundesfinanzministerium mit. „Das Gesetz erfasst grundsätzlich alle Arten von Geschäftsbeziehungen“, sagt ein Sprecher. Darunter fallen Geschäfte zwischen Händlern („Business-to-Business“), aber auch vom Händler zum Kunden („Business-to-Consumer“) und Kunden untereinander („Consumer-to-Consumer“). Als Plattformen sind in diesem Zusammenhang beispielhaft Ebay, Ebay-Kleinanzeigen (seit Juni 2021 ein eigenständiges Unternehmen), Etsy und Airbnb zu nennen. Aber auch kleinere Online-Börsen fallen unter das Gesetz.
Hintergrund der Neuregelung: Auf den Plattformen gibt es Verkäufer, die gewerbemäßig Waren oder Dienstleistungen anbieten, die Gewinne aber nicht versteuern. Besonders das Geschäft mit Touristenunterkünften, die im Internet vermittelt werden, ist hiervon betroffen. Diese Art der Vermietung am Finanzamt vorbei war bisher für die Behörden nur schwer aufzudecken. Es musste ein konkreter Anfangsverdacht vorliegen, um einen Vermieter steuerlich zu belangen.
„Was im Dunkeln stattgefunden hat, können die Behörden jetzt sehen, aber die Regeln an sich haben sich nicht geändert“, sagt Tilmann Kuhla, Mitarbeiter der Rechtsabteilung bei Ebay Deutschland. Gemeint ist: Die steuerlichen Verpflichtungen sind dieselben geblieben wie früher. Die Behörden erhalten aber mehr Einblicke in die Transaktionen auf Internetplattformen.
Privatverkäufer nicht betroffen: Die gewerblichen Verkäufer, die im Rahmen des Gesetzes agieren, haben genauso wenig etwas zu befürchten wie Privatverkäufer. „Wer sein altes Handy für 200 Euro verkauft oder hin und wieder Kleidung für kleines Geld anbietet, ist ein Privatverkäufer und von der Regelung nicht betroffen“, sagt Du Bois. Die gesetzlichen Grenzen gelten pro Plattform und Jahr.
„Die Neuregelung sollte niemanden davon abhalten, gebrauchte Gegenstände online anzubieten“, sagt Du Bois. Und das auch jenseits der Grenzwerte. „Dass ich gemeldet werde, heißt nicht, dass ich Steuern zahlen muss“, sagt Kuhla. Wer aufräumt und viele gebrauchte Teile bei Ebay einstellt, ist deshalb noch kein gewerblicher Verkäufer, selbst wenn er die Grenze von 30 Verkäufen pro Jahr überschreitet. Auch Du Bois betont, dass die Neuregelung nur einen sehr kleinen Teil der Nutzer von Ebay-Kleinanzeigen betreffen wird. „Die Behörden werden sich auf diejenigen konzentrieren, die besonders viele, also eher 300 oder 3000 als 30 Verkäufe erzielen, und damit in den Verdacht gewerblichen Handelns geraten.“
Steuern auf private Verkäufe fallen in der Regel nicht an, wenn der Verkaufspreis einer Ware unter dem Neupreis liegt. „Die Sachen müssen im Weiterverkauf billiger sein als der Ursprungspreis“, sagt Kuhla. Handy oder Handtasche sind schließlich benutzt und nicht mehr neuwertig. Wenn der Wiederverkaufswert unterm Kaufpreis liegt, gibt es keinen Gewinn. Dann kann auch keine Ertragssteuer erhoben werden. Sollten Privatverkäufer folglich bei allen Anschaffungen die Kassenzettel aufbewahren? Kuhla hält dies für übervorsichtig. „Man darf auch im Finanzamt auf gesunden Menschenverstand hoffen“, sagt er.
Gewerbliche Verkäufe: Charakteristisch für gewerblichen Verkauf ist, dass eine Ware angeschafft wird, um sie weiterzuverkaufen. Kuhla gibt das Beispiel eines Verkäufers, der von einem Sonderangebot bei Fernsehern profitiert, um drei Geräte zu kaufen. „Wenn er von diesen zwei weiterverkauft, um sein eigenes Gerät zu finanzieren, kann das möglicherweise als gewerblicher Handel angesehen werden.“ Dasselbe gilt für manche Privatpersonen, die zum Beispiel vielfach die gleichen Legosets billig erstehen und weiterverkaufen. Hier kann es laut Kuhla im Einzelfall schwer werden, dies als Privatverkauf zu bewerten.
Grenzfälle: Wo gewerblicher Handel anfängt, ist nicht immer klar zu beantworten. Handelt es sich zum Beispiel um gewerblichen Verkauf, wenn jemand als Hobby Kinderpullover strickt und diese bei einer Plattform anbietet? Kuhla rät dazu, im individuellen Fall den Steuerberater zu befragen. Auch bei der Auflösung eines sehr umfangreichen Nachlasses hätten Gerichte in Ausnahmefällen schon gewerbliches Handeln angenommen. Auch hier ist es ratsam, Rücksprache mit einem Steuerberater zu halten.
Gewerbe anmelden: Im Zweifelsfall lohnt es sich für regelmäßige Verkäufe mit dem Ziel des Gelderwerbs ein Gewerbe anzumelden. Das kann in Berlin online auf www.berlin.de geschehen. Dabei muss auch eine Betriebsform gewählt werden. Wer nur in geringem Umfang handelt, zum Beispiel hin und wieder einen Kinderpullover verkauft, ist ein Einzelunternehmer. In dieser Betriebsform ist man übrigens von der Buchführungspflicht befreit, wenn man unter 600.000 Euro Umsatz oder 60.000 Euro Gewinn im Jahr macht. Nur wer die Grenze an zwei aufeinanderfolgenden Jahren überschreitet, muss Buch führen.