Blamage für Robert Habeck: Niemand will ihm beim Energiesparen helfen
Die Staaten Europas sind nicht bereit, für Deutschland Energie zu sparen. Sie lehnen den EU-Notfallplan ab.

Der Plan der EU-Kommission, die Mitgliedsstaaten zum Energiesparen zu zwingen, erweist sich schon wenige Stunden nach der Bekanntgabe als unrealistisch. Mehrere EU-Staaten sind kategorisch gegen die von Deutschland forcierte Idee: Griechenland, Portugal, Polen, Zypern, Ungarn und Spanien lehnen den Plan einer kollektiven Reduktion des Energieverbrauchs um 15 Prozent kategorisch ab.
Der portugiesische Energie-Staatssekretär João Galamba sagte, man sei nicht bereit, einen aus Brüssel vorgegebenen Prozentsatz zu erfüllen, ohne vorher gefragt zu werden. Die spanische Energieministerin Teresa Ribera sagte mit einem Seitenhieb auf Deutschland, Spanien brauche nicht zu sparen, weil es nicht wie andere Länder „über seine Verhältnisse“ gelebt habe. In EU-Kreisen wird dies als Retourkutsche für den harten deutschen Kurs in der Euro-Krise gegenüber den südeuropäischen Staaten interpretiert. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck keilte am Donnerstag zurück und sagte, es sei eine Frage der „Solidarität“, dass auch jene Staaten sparen, die nicht so abhängig vom russischen Gas seien wie Deutschland.
Frankreich, Polen weigern sich, Ungarn kauft direkt in Moskau nach
Frankreichs Ministerin für Energie-Transformation, Agnès Pannier-Runacher, hielt sich zwar bedeckt, sagte aber, pauschale Einsparungen könnten von der EU-Kommission nicht zentral und ohne vorherige Konsultationen mit den Mitgliedsstaaten verordnet werden. Polens Energie-Beauftragter Piotr Naimski lehnte den Plan als Eingriff in die Souveränität ab. Polens Gasspeicher sind laut Reuters zu 98 Prozent gefüllt, man sei für den Winter gerüstet. Energieministerin Anna Moskwa sagte, Warschau sei zwar für Solidarität, aber die Energiesicherheit des eigenen Landes habe absoluten Vorrang. Ungarns Außenminister Peter Szijjártó war am Donnerstag gar nach Moskau gereist und bat dort den russischen Außenminister Sergej Lawrow, Russland möge mehr Gas liefern, weil Ungarn sonst seine Wirtschaft nicht aufrechterhalten könne. Ungarn hatte kürzlich den Energie-Notstand ausgerufen mit der Folge, dass das Land kein Gas mehr in andere Länder exportieren darf. Ungarn bezieht 85 Prozent seines Erdgases aus Russland, kämpft gegen eine Inflation von zehn Prozent und einen rapiden Wertverfall des Forint.
Gemäß den EU-Vorschriften muss der Vorschlag bei dem Dringlichkeitstreffen der Energieminister nächste Woche entweder von 55 Prozent der EU-Länder oder von Regierungen, die 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, gebilligt werden. Allerdings herrscht sogar bei den EU-Beamten Skepsis, dass der Plan umgesetzt werden könne: Es fehle die rechtliche Grundlage für die EU-Kommission, in dieser Weise in die Belange der Mitgliedsstaaten einzugreifen, zitieren Brüsseler Korrespondenten von mehreren Medien Insider aus der Kommission. So wie es sich aktuell darstellt, wird Deutschland keine Unterstützung von anderen beim Energiesparen erhalten. Allerdings könnte sich das noch ändern – wenn nämlich den anderen Regierungen klar wird, dass ein Stillstand der deutschen Industrie die Wirtschaft in ganz Europa gefährdet.