Wir beobachten hilf- und ratlose Reaktionen von Politikern und Zentralbankern auf die rapide Entwertung des Geldes. Im April erreichte die Inflation im Euroraum mit 7,5 Prozent ein Rekordhoch. In den USA wurde bereits die Acht-Prozent-Marke überschritten. Die Türkei meldet gar eine Inflation von 70 Prozent. Der Tenor aller Beobachter: Die Inflation wird weiter steigen, und sie wird hoch bleiben. Die Folge: Die Preise werden weiter steigen, insbesondere für Lebensmittel und Energie. Unter normalen Umständen würden die Notenbanken nun gegensteuern, indem sie die Zinsen erhöhen. Doch wir befinden uns geldpolitisch mitten im größten Experiment der Finanzgeschichte: Seit Jahren gibt es weltweit Null- und sogar Negativ-Zinsen. Im Klartext: Wer spart, wird bestraft. Er muss dafür bezahlen, dass die Bank sein Geld aufbewahrt. Zugleich wurden all jene belohnt, die investieren oder spekulieren – egal, in welche Werte: Die Aktienmärkte gingen durch die Decke, die Immobilienpreise explodierten, alle Asset-Klassen wurden immer teurer. Die Folge: Wenn sich ein junges Paar heute in Berlin eine kleine Wohnung kaufen will, muss es schnell 800.000 Euro auf den Tisch legen. Der Grund: Viele Wohnungen werden nicht zum Wohnen verwendet, sondern stehen leer, weil sie als Geldanlage für Menschen aus aller Welt dienen – die vor den Negativzinsen auf der Flucht sind.
Zentralbank-Politik hat denen gegeben, die schon viel hatten
Die globale Zentralbank-Politik hat denen gegeben, die schon viel hatten; alle anderen können dem automatischen Wachstum des Reichtums einiger weniger nur staunend zusehen. Sogenannte „exogene“ Schocks wie die Pandemie oder der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben die Entwicklung beschleunigt. Denn die Lieferketten sind unterbrochen: Wer heute ein spezielles Fahrrad oder einen bestimmten Geschirrspüler kaufen will, muss Monate warten. Die Nachfrage übersteigt das Angebot, also wird alles teurer. Doch der Prozess ist nicht wie früher dadurch zu korrigieren, dass mehr produziert wird, um die Nachfrage zu befriedigen. Dann würden die Löhne steigen, die Notenbanken würden die Zinsen mit Augenmaß erhöhen. Doch die Löhne werden nicht steigen – weil wegen der fehlenden Rohstoffe oder Materialien nicht mehr, sondern weniger produziert wird.
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Die verschiedenen Krisen beschleunigen einen Prozess, der am Ende eines jeden kreditfinanzierten Zyklus abläuft: Die Schulden werden weginflationiert. Verschuldete Staaten – und das sind im reichen Westen mittlerweile fast alle – freuen sich über die Inflation: Sie können ihre Milliarden-Kredite mit wertlosem Geld ablösen. In der Euro-Zone hat man es in dieser Hinsicht zu einiger Meisterschaft gebracht: Mit Corona wurden erstmals Gemeinschaftsschulden gemacht, nun sollen, nach den Vorstellungen Italiens, auch die Kredite für die Öko-Transformation und den Krieg vergemeinschaftet werden. Mit ihrem ruinierten Ruf treiben die staatlichen Schuldenmacher die privaten Haushalte ungeniert in die fortgesetzte Enteignung: Denn nichts anderes ist die große Inflation; eine Quittung ohne Wert, leerer Blick in leere Taschen, all die gebrochenen Versprechen, die wir so gerne glauben wollten.