Berlin und anderswo: Wer sich jetzt noch eine Immobilie leisten kann

Der Traum vom Eigenheim wird mittelfristig eher noch teurer. Die Bauzinsen steigen weiter, Käufer benötigen immer mehr Eigenkapital.

Ob Bauen oder Kaufen: Der Weg zur eigenen Immobilie wird immer teurer.
Ob Bauen oder Kaufen: Der Weg zur eigenen Immobilie wird immer teurer.imago

Der Traum vom eigenen Haus – für viele wird er immer unerreichbarer. Seit geraumer Zeit steigen nicht mehr nur die Immobilienpreise selbst, auch die Finanzierung wird teurer. Die Bauzinsen entwickeln sich zunehmend nach oben. Wie viel Kapital muss man aufbringen, um dennoch ein Haus sein Eigen nennen zu können? Welche Kosten müssen Immobilieninteressierte bedenken? Und wie stark werden die Preise noch steigen?

Im ersten Quartal dieses Jahres liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis, den Käufer für ein Haus in Berlin und Umgebung zahlen, laut dem Immobilienpreisindex vom Kreditvermittler Dr. Klein bei 4062 Euro. Wohnungen sind noch teurer: Für eine Wohnung in Berlin wurden im ersten Quartal dieses Jahres im Schnitt 5476 Euro pro Quadratmeter aufgerufen. Eine 100-Quadratmeter-Wohnung gibt es somit im Schnitt nicht unter einer halben Million Euro. Und teurer geht immer: Selbst Angebotspreise von 16.785 Euro pro Quadratmeter wurden aufgerufen.

Den größten Preissprung beobachtete Dr. Klein in Frankfurt am Main: Mit einem Plus von 14,59 Prozent bei Eigenheimen und sogar 19,65 Prozent bei Eigentumswohnungen im Vergleich zum Vorjahr liegt Frankfurt bei der Teuerung vorne.

Und wie sieht die Zukunft aus? Tatsächlich erwartet beispielsweise das Immobilienportal Immowelt bis Ende des Jahres Preiskorrekturen und leicht sinkende Immobilienpreise in vielen Städten, darunter auch in Berlin oder Frankfurt. Der Grund: Gestiegene Bauzinsen, Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine und die hohe Inflation würden besonders bei älteren sanierungsbedürftigen Immobilien zu einem Nachfragerückgang führen. Andere Experten wie Dominik Nehls, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein, glauben hingegen insbesondere in Großstädten an eine anhaltend große Nachfrage und damit an stabile, wenn nicht gar steigende Preise. „Trotz steigender Bauzinsen ist die Nachfrage insbesondere von privaten Immobilieninteressierten immer noch gleichbleibend hoch“, sagt er.

Bauzinsen stiegen schneller als erwartet

Und das trotz erschwerter Finanzierungsbedingungen. Die Bauzinsen sind schneller gestiegen als vor einigen Monaten erwartet. Noch zu Anfang des Jahres gingen Marktbeobachter davon aus, dass der Zins zwar steigen werde, kaum aber an der 2-Prozent-Marke kratzen würde. Zurzeit liegen die Zinsen bei zehnjähriger Bindung laut Index der FMH-Finanzberatung bei 2,76 Prozent. Vor einem Jahr waren es noch 0,89 Prozent. „Spätestens im Juli werden wir die 3-Prozent-Marke erreichen“, ist sich FMH-Chef Max Herbst sicher. Und das werde nicht das Maximum bleiben. Der Finanzexperte geht von weiterhin leicht steigenden Zinsen im Laufe des Jahres aus – selbst vier Prozent seien denkbar.

Für Immobilieninteressierte bedeutet das: Die Zeiten, wenigstens günstig einen Kredit zu bekommen, sind erst einmal vorbei. Mit den gestiegenen Zinsen sind Banken außerdem dazu übergegangen, ihre Regularien zu verschärfen und eine noch höhere Eigenkapitalquote als Sicherheit zu fordern. Zusätzlich zu den steigenden Immobilienpreisen ist die Konsequenz: Die Summe, die an Eigenkapital aufgebracht werden muss, wird immer größer.

Experten von Dr. Klein empfehlen beim Hauskauf wie auch beim Hausbau Eigenkapital zwischen zehn und 15 Prozent der Bau- oder Kaufsumme. Bei einer Kaufsumme von 420.000 Euro müssten demnach mindestens 42.000 Euro aus eigener Hand aufgebracht werden. „Zusätzlich müssen Kunden die Nebenkosten mit Eigenkapital bedienen können“, sagt Nehls. Grunderwerbssteuer, Notar- und Maklerkosten machen je nach Bundesland noch einmal zwischen 15 und 20 Prozent der Kaufsumme oder Neubaukosten aus. Nicht zu vergessen sind mögliche Modernisierungskosten beim Kauf einer Bestandsimmobilie.

Der Kreditvermittler Interhyp rät derzeit zu Anfangstilgungen von drei Prozent und mehr sowie langen Zinsfestschreibungen, günstiger werde es wohl erst mal nicht. Dazu tendiert auch Herbst von der FMH-Finanzberatung: „Wenn ich als Kunde knapp finanzieren muss, ist es umso wichtiger, eine lange Zinsbindung zu wählen“, so Herbst. Auch wenn dies erst einmal teurer ist: Die Zinsen bei 15-jähriger Bindung haben die Drei-Prozent-Marke laut FMH-Index bereits erreicht. Kunden von Immobilienkrediten können nach mindestens zehn Jahren Laufzeit aber immer vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen und zu einer anderen Bank zu dann günstigeren Zinssätzen umschulden – sofern es dann tatsächlich bessere Konditionen auf dem Markt gibt.

Baupreise: Keine Erholung in Sicht

Aktuell schwanken die Angebote stark. Derzeit würden Kunden laut Interhyp innerhalb weniger Tage unterschiedliche Monatsraten für die gleiche Darlehenssumme angeboten. Verbraucher sollten Angebote daher tagesaktuell vergleichen.

Der nächste Kostenpunkt, der zunächst einmal Hausbauer betrifft: Auch bei den Baupreisen ist noch keine Erholung in Sicht, die Materialen werden immer teurer. „Die Inflation wird außerdem dazu führen, dass Gewerkschaften höhere Handwerkerlöhne durchsetzen“, sagt Herbst. Infolge werden nicht nur eigene Bauvorhaben teurer, sondern auch Neubauprojekte zum Kauf. Und wer sich aktuell gerade in der Anfangsphase von einem Bauvorhaben befindet, wird von Preissteigerungen überrascht, die erst mal verkraftet werden müssen.

Nehls beobachtet, dass die Nachfrage zwar nicht nachlässt, Kunden infolge der auf breiter Front steigenden Preise aber durchaus kompromissbereiter werden: Öfter werde letztlich doch auf den Balkon oder ein paar Quadratmeter mehr verzichtet. Eine weitere Möglichkeit, auf geringere Preise zu stoßen, wäre die Lage. Aber die Entscheidung zwischen Großstadt und Land ist eben nicht nur eine des Preises.

Das Fazit der Experten: Kaufen und Bauen wird kurz- und mittelfristig eher noch teurer werden. „Wenn sich jemand definitiv seinen Traum vom Eigenheim erfüllen will, wäre Warten in der jetzigen Situation der falsche Rat“, so Nehls.