Im Streit um die ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko droht die Ukraine Deutschland mit wirtschaftlichen Konsequenzen. Auf Grund des Streits liegt das EU-Assoziierungsabkommen derzeit auf Eis. Scheitert es, so warnt nun Leonid Koschara, Vizepräsident der Partei von Präsident Viktor Janukowitsch, so würden darunter auch die Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland leiden. „Ohne Abkommen wird der deutsche Zugang zum ukrainischen Markt begrenzt sein“, droht Koschara. Es ist eine ziemlich leere Drohung.
Anders als zum Beispiel China, dessen Umgang mit Menschenrechten ebenfalls von der Bundesregierung kritisiert wird, verfügt die Ukraine über wenig wirtschaftliche Erpressungsmittel. Sie ist schlicht zu arm.
Die Wirtschaftsleistung des Landes liegt bei knapp 140 Milliarden Dollar, dies entspricht etwa vier Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die 43 Millionen Ukrainer kommen auf ein BIP pro Kopf von rund 3000 Dollar, in Deutschland sind es 13 Mal mehr. Zwar erzielt die ukrainische Wirtschaft derzeit wieder hohe Wachstumsraten – in der Krise war sie jedoch regelrecht zusammengebrochen. Allein 2009 ging das BIP um fast 15 Prozent zurück, das war ein Negativ-Rekord in Osteuropa.
Deutsche Investoren sind wichtig für die Ukraine
Als Handelspartner ist das Land unbedeutend. Interessant ist es zwar für deutsche Landmaschinenhersteller, da die Ukraine über fruchtbaren Böden und einen wichtigen Agrarsektor verfügt. Insgesamt aber lieferten deutsche Unternehmen im vergangenen Jahr nur Waren über 5,3 Milliarden Euro in das Land. Fiele dieser Markt komplett weg, so verlöre Deutschland nur 0,5 Prozent seiner Ausfuhren.
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Umgekehrt ist Deutschland für die Ukraine wichtig: Nach Russland ist es einer der wichtigsten Handelspartner des Landes. Zudem ist es der zweitwichtigste Investor: Mit einem Volumen von 6,6 Milliarden Dollar machen deutsche Investitionen fast 17 Prozent aller gesamten ausländischen Investitionen aus.
Einziger ökonomischer Hebel der Ukraine ist der Gas-Transport. Über das Land fließen 60 Prozent aller russischen Gaslieferungen nach Westeuropa. Hier könnte theoretisch mit einer Blockade gedroht werden. Doch letztlich sind Kiew die Hände gebunden. Mit rund 3 Milliarden Dollar sind die Transitgebühren einer der wichtigsten Devisenbringer des Landes – darauf kann es nicht verzichten.
Zudem ist das Land abhängig vom guten Willen des Gasproduzenten Russland, den es nicht verlieren darf. Denn: Sind die Gas-Pipeline South Stream sowie die Nordsee-Pipeline Nord Stream erst fertiggestellt, ist Russland nicht mehr auf die Ukraine als Transitland angewiesen. Wirtschaftlich gesehen hat Kiew gegen Deutschland nichts in der Hand.