Energie aus dem Meer: Offshore-Windkraft am Scheideweg

Berlin - Das Konferenzprogramm der Messe Windforce in Bremen ist ziemlich umfänglich. Es gibt für Manager und Ingenieure, die sich mit Windmühlen im Meer beschäftigen, denn auch jede Menge zu besprechen. Dabei dominiert ein Thema: Kostensenkung. Die Offshore-Branche braucht eine steile Lernkurve, um wettbewerbsfähig zu werden. Die Preise müssen vor allem denen für Windstrom, der an Land produziert wird, möglichst nahe kommen. Das wird nicht einfach.

Windräder im Meer - das ist noch immer so etwas wie eine Experimentaltechnik. In den vergangenen Jahren ist vieles schief gegangen. Erst fehlte es an Spezialschiffen, die die riesigen Fundamente am Meeresboden verankern können, dann gab es Lieferengpässe bei vielen technischen Komponenten. Windparks konnten nicht ans Netz angeschlossen werden. Diverse Projekte platzten, weil Geldgeber kalte Füße bekamen. „Diese Schwierigkeiten sind überwunden“, sagt ein Sprecher der Stiftung Offshore-Windenergie. Neun Windparks seien derzeit in Nord- und Ostsee im Bau. Ende nächsten Jahres soll die Gesamtkapazität von rund 3000 Megawatt erreichen, rund 3,4 Millionen Haushalte können damit theoretisch versorgt werden.

Kosten für den Kunden

Noch einmal mehr als verdoppeln soll sich die Leistung der Anlagen vor der Küste bis 2020: Die Bundesregierung will im Zuge der Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) erreichen, dass in rund sechs Jahren 6500 Megawatt installiert sind. Das wird die Stromkunden allerdings einiges kosten. Offshore-Windkraft ist die teuerste der erneuerbaren Energien. Betreiber sollen in den nächsten Jahren bis zu 19,4 Cent pro Kilowattstunde an Einspeisevergütung erhalten – finanziert über die Ökostromumlage.

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Das ist ein gigantisches Förderprojekt, das nun die von der Branche immer wieder geforderten verlässlichen Rahmenbedingungen setzt. Jetzt müssen die Firmen zeigen, was sie können. Derzeit kostet es 12 bis 14 Cent eine Kilowattstunde Strom auf dem Meer zu erzeugen. Die hiesige Tochter des dänischen Energiekonzerns Dong Energy jedenfalls will liefern. „Wir planen eine langfristige Kostenreduktion von 35 bis 40 Prozent“ sagte Trine Borum Boysen auf der Windforce-Messe.

Hoffnung auf Lernprozess

Die Managerin erläutert auch, wie das gehen soll: Vor allem mittels Standardisierung. Bislang waren Windräder oder Umspannstationen im Meer eher Einzelanfertigungen. Nun soll sich die Branche an der Automobilindustrie orientieren. Das bedeutet, so etwas wie Baukastensysteme für Turbinen und Fundamente zu entwickeln. Diesen Prozess habe ihr Unternehmen vor zwei Jahren gestartet, sagte Borum Boysen. Fünf identische Umspannstationen etwa wurden en gros in Auftrag geben. Möglich sei das auch dank der „umfangreichen Projektpipeline“ – Dong ist einer der größten Windparkbauer vor den deutschen Küsten.

So wie die Dong-Managerin hofft die gesamte Branche auf einen Lernprozess mit einem selbstverstärkenden Effekt. Je mehr Anlagen gebaut werden, umso größer wird die Erfahrung mit den teils sehr komplexen Vorhaben. Das drückt schon einmal die Kosten. Höhere Stückzahlen kommen hinzu. Zudem werden die Anlagen immer größer. Rotorblätter sind inzwischen bis zu knapp 80 Meter lang, das entspricht der Spannweite des Superjumbos A380. Kooperationen der Anlagenbetreiber etwa bei der Wartung können ein Übriges tun. Arnaud Bellanger, Chef der Areva-Wind, ist jedenfalls fest davon überzeugt, dass alsbald ein Effizienzschub kommt. 2014 sei ein Schlüsseljahr, sagte er auf der Windforce.

Mit viel Wind und geringer Störanfälligkeit kommen positive Faktoren für die Branche zusammen. lesen Sie auf der kommenden Seite, mit welchen Problemen die Betreiber von Offshore-Windanlagen dennoch zu kämpfen haben.