Wärmepumpe statt Gasheizung? Energie-Experten sagen: Robert Habeck hat eigentlich gewonnen
Robert Habeck habe eine Niederlage beim Verbot von Öl- und Gasheizungen erlitten? Wer genau hinsieht, stellt etwas anderes fest. Zwei Energie-Experten erklären, was die Verbraucher erwartet.

Habecks Gasheizungs-Verbot gekippt! So freuten sich die Bild-Zeitung und andere Medien, die 30 Stunden streitbarer Gespräche im Koalitionsausschuss und ein paar kritische Anmerkungen von Finanzminister Christian Lindner als Niederlage von Robert Habeck serviert haben. Doch stimmt das wirklich?
In der Tat hat weder Lindner noch jemand anderer Robert Habeck, der ab 2024 Gas- und Ölheizungen schrittweise verbieten will, wirklich widersprochen. „Es wird keine Austauschpflicht geben für bestehende Heizungen“, sagte zumindest Lindner. Alles soll als wie gehabt weiterlaufen. Nur neue Heizungen sollen von einer Reform betroffen sein. Wann die bestehenden Heizungen auf Ökogas umgestellt werden müssen, hat Lindner nicht präzisiert.
Gasheizungsverbot: Im Grunde genommen genau das, was die Grünen wollen?
Im Grunde wiederholt diese Idee die Vorschläge von Robert Habeck, die er schon im Gesetzentwurf formuliert hatte: Ab 2024 keine neuen Öl- und Gasheizungen einbauen und die bereits bestehenden nach der Betriebszeit von 30 Jahren (!), also nicht sofort, durch eine klimafreundlichere Alternative ersetzen. Eine ältere Gasheizung, die in zwei Jahren zum Beispiel schon 30 Jahre Betriebszeit hinter sich hätte, könnte nicht gegen eine neue, effizientere Gasheizung ausgetauscht werden. Öl und Erdgas als Heizmittel wären ab sofort nicht zulässig, Härtefallregeln soll es aber geben. Dennoch: Hat sich Robert Habeck also doch durchgesetzt?
Hanno Balzer sagt „ja“. Er ist Leiter der Energiewirtschaft bei der HH2E AG, einem Unternehmen für grüne Energie und Wasserstoff aus Berlin. Man habe nach dem vergangenen Koalitionsausschuss nicht den Eindruck, dass die Bundesregierung von den im Koalitionsvertag festgelegten Zielen abweichen möchte, sagt Balzer der Berliner Zeitung.
Am Ende des Zanks sei gerade das herausgekommen, was im Koalitionsvertrag stehe, nämlich die gleichen Regeln: keine neuen fossilen Heizungen und keine Verlängerung der alten beziehungsweise deren Ersatz durch alternative Heizungen nach dem Ablauf der Betriebszeit. Nur wolle Habeck den Start des allmählichen Verzichts auf die Öl- und Gasheizungen von 2025 auf 2024 vorverlegen.
Bundesminister Robert #Habeck zu den Beschlüssen des #Koalitionsausschusses. pic.twitter.com/M41RT7whFT
— Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (@BMWK) March 29, 2023
Den Unmut und die Ängste der Verbraucher vor den hohen Kosten hält Hanno Balzer für überzogen. Auch die Diskussion über den Umstieg auf alternative Heizungen ist für Balzer zu wenig problem- und lösungsorientiert. Doch die Zahlen sagen etwas anderes: Mit Wärmedämmungs- und Einbaumaßnahmen kostet ein Umstieg auf eine gute Erdwärmepumpe nach diversen Schätzungen locker 50.000 Euro für ein Zweifamilienhaus im Altbau. Wo soll so viel Geld herkommen?
Neue Heizungen: Wärmepumpe für die Eigenheime, Fernwärme für den Rest
Es gebe viele Potenziale für die Kostensenkung sowohl für die Wärmepumpen als auch für die Fernwärme, wenn der Staat die Haushalte beim Umstieg unterstützen würde, erwidert Balzer. Im Moment subventioniere der Staat zudem zu sehr die Unternehmen, die mit fossilen Energien arbeiten würden wie etwa Uniper. Das sollte sich ändern. Der Umstieg auf die alternativen Heizungen sei vielleicht etwas teurer als eine neue Gasheizung, die Verbrauchskosten im Laufe der Zeit würden beim Strom trotzdem niedriger liegen als beim Gas, beharrt Balzer. Laut Verbraucherzentralen stimmt das, allerdings steigen die Stromkosten bei den günstigeren Luftwärmepumpen im Winter rasant.
Worauf müssen sich die Verbraucher also wirklich einstellen? Im Moment sehe alles danach aus, sagt Hanno Balzer, dass Ein- und Zweifamilienhäuser, die ihre Heizung wechseln oder neu einbauen müssen, bald Wärmepumpen installieren müssen, Mehrfamilienhäuser dagegen müssten sich auf Fernwärme einstellen. Die Unternehmen wie Vattenfall würden mit der Fernwärme im Moment „außerordentlich gute Geschäfte“ machen, betont Balzer. Dadurch könnten alle bestehenden Einschränkungen überwunden werden. Für den Anschluss an das Fernwärmesystem müssen in einem Mehrfamilienhaus zudem keine Heizkörper ausgetauscht werden. Also würden die Umstiegskosten auf die Fernwärme auch minimal ausfallen, schätzt der Fachmann ein.
Habecks großer Widerspruch: Wärme aus 65 Prozent erneuerbaren Energien?
Robert Habeck selbst betont ständig, dass ein Umstieg auf Fernwärme eine Alternative zu Wärmepumpen wäre. Doch genau hier widerspricht der Wirtschaftsminister der anderen Voraussetzung für klimaneutrales Heizen, nämlich dass die neuen Heizungen die Wärme mindestens zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien herstellen sollten. Der Umweltökonom Prof. Dr. Manuel Frondel vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, der die Kosten eines Umstiegs auf Wärmepumpen für alle grob auf eine Billion Euro berechnet hatte, verweist erneut auf diesen Widerspruch. Sein Tenor: Wärmepumpen würden diese Voraussetzung eher erfüllen als Fernwärme, die zum Großteil immer noch aus Gas hergestellt wird.

„Auch wenn die Pläne der Regierung noch in vielen Punkten unklar bleiben, scheint die Vorgabe des 65-Prozent-Erneuerbaren-Anteils für den Austausch von alten Heizungen ab dem Jahr 2024 wohl nicht vom Tisch zu sein“, kommentiert Frondel weiter gegenüber der Berliner Zeitung. Wir würden auf das befürchtete De-facto-Verbot von neuen Öl- und Gasheizungen zulaufen, bestätigt er. „Die Wärmewende würde damit unnötigerweise sehr viel teurer werden, als wenn man sie dem Emissionshandel überlassen würde, der EU-weit ab dem Jahr 2027 in den Sektoren Verkehr und Wärme eingeführt wird.“
Anteil von erneuerbaren Energien an der Fernwärme immer noch zu niedrig
Diese Problematik sieht auch Hanno Balzer. Er weist darauf hin, dass der Anteil von erneuerbaren Energien an der Fernwärme gerade bei maximal 20 Prozent liege. Sein Fazit: Sollte es nach dem 65-Prozent-Prinzip gehen, mache ein Umstieg auf Fernwärme nur dann Sinn, wenn die Wärme zum Großteil aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. Das sei zwar die Perspektive, aber noch nicht der Fall. Selbst beim Strommix liegt der Anteil der erneuerbaren Energien in Deutschland noch kaum bei 65 Prozent.
Frondel schlägt in diesem Sinne vor: „Viel besser wäre es, den seit 2021 bestehenden nationalen Emissionshandel für die Integration in den EU-weiten Handel im Jahr 2027 vorzubereiten und schon im Jahr 2024 eine gemeinsame Emissionsobergrenze für die beiden Sektoren Verkehr und Wärme festzulegen, die dann Jahr für Jahr gesenkt wird.“ Das wäre effektiver und zugleich kostengünstiger Klimaschutz, ohne dass man den Bürgerinnen und Bürgern Vorschriften machen müsste.
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