Steak aus Soja: Ukrainische Firma will mit Fleischersatz den deutschen Markt aufmischen
Den Fleischkonsum bis 2040 um 50 Prozent reduzieren – dabei will das Start-up GreenGo helfen. In Berlin sucht es nun nach Investoren.

Bogdona „Dana“ Leonova aus Kiew wirbt in Berlin vor circa 20 Menschen um Unterstützung: „Be brave like Ukraine“ und „Ukraine is officially an unstoppable Nation“, sagt sie entschlossen in ein Mikrofon. Und: So unaufhaltbar wie die Ukraine sei auch ihr Unternehmen GreenGo. Es sei nun an den Zuhörenden, ebenso mutig zu sein und in das junge ukrainische Start-up zu investieren. Sie und ihr Team hätten jedenfalls keine Angst, sagt Leonova, sie kämen ja aus der Ukraine.
GreenGo produziert Fleischersatzprodukte aller Art. Vergangene Woche stellten Leonova und ihr Team potenziellen Investorinnen und Investoren bei der internationalen Ernährungsorganisation ProVeg in Schöneberg ihre Produktpalette vor. Nach einem Vortrag zum Unternehmen inklusive eines pathosgeladenen Promo-Videos für die Ukraine wurden alle Gäste eingeladen, die Produkte zu probieren und sich mit dem Team auszutauschen.
Die 33-jährige Produktionschefin Leonova hätte nach 15 Jahren bei einem großen Lebensmittelhersteller, der auch tierische Produkte produziert, gemerkt, dass der große Fleischkonsum weltweit nicht gut sei, sagt sie. Sie wolle auch für ihre Tochter einen bewohnbaren Planeten hinterlassen. Das Ziel sei es, mit dem Unternehmen bis zum Jahr 2025 in eine größere Produktionsstelle zu ziehen. Sie sei hier, so Leonova, um die Gäste für ihr Start-up zu begeistern. Bisher sind die Tiefkühlprodukte nämlich ausschließlich in der Ukraine zu haben. Bald sollen sie aber, wenn es nach Leonova geht, auch in der EU in den Kühlregalen liegen.

Moderiert wird die Veranstaltung von Albrecht Wolfmeyer. Der 48-Jährige leitet einen Labor-Bereich der Organisation ProVeg, in dem das Event stattfindet. ProVeg setze sich dafür ein, den Konsum von tierischen Produkten weltweit zu reduzieren, sagt er. Das Stichwort sei hier „50 bis 40“, also die Reduzierung des Fleischkonsums um 50 Prozent bis zum Jahr 2040.
Dafür arbeite die gemeinnützige Organisation weltweit mit Partnern in der Politik, in Unternehmen und in der Gastronomie zusammen. Sie richte sich aber auch direkt an Konsumentinnen und Konsumenten, so Wolfmeyer. „Uns geht es aber nicht darum, Menschen vorzuschreiben, was sie essen sollen. Wir wollen ein Bewusstsein schaffen für die Probleme, die unser heutiges Ernährungssystem mit sich bringt.“
Fleischersatzprodukte nehmen in Deutschland einen immer größeren Marktanteil ein. Laut dem statistischen Bundesamt hätten Unternehmen im Jahr 2021 hierzulande im Vergleich zum Vorjahr 17 Prozent mehr Fleischersatzprodukte produziert – im Vergleich zum Jahr 2019 erhöhte sich die Produktion demnach sogar um 62,2 Prozent. Die Fleischproduktion hingegen sei im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent zurückgegangen, zu 2019 um knapp elf. Insgesamt hätte der Wert der in Deutschland produzierten Fleischwaren 35,6 Milliarden Euro betragen, also rund 80-mal so hoch, wie der von pflanzlichen Alternativen.
Am Tag der GreenGo-Präsentation steht Gagandeep Tangri am Herd. Normalerweise kocht der 30-jährige gebürtige Inder im Berliner Hotel Adlon, heute springt er kurzerhand für einen verhinderten Kollegen ein und hilft GreenGo aus. Es gibt Steaks, Lachsburger, frittierte Calamari und Shrimps, alles rein pflanzlich natürlich. Er sei positiv überrascht vom veganen Rinderfilet, sagt Tangri. Konsistenz, Struktur und Dicke seien jenen von „echtem“ Fleisch sehr ähnlich. „Man kann pflanzliche Produkte zwar nicht wirklich englisch oder medium braten“, so Tangri. Aber würde das GreenGo-Filet „almost well done“ gebraten und mit einer guten dunklen Soße dargeboten, käme es dem fleischigen Original schon nahe.

Morgen will Leonova zurück nach Kiew
Erbsen- und Sojaprotein sind die wichtigsten Inhaltsstoffe der pflanzlichen Tiefkühlprodukte der Firma, hinzu kommen allerhand Zusatzstoffe, die für den tierischen Geschmack und möglichst authentische Optik sorgen sollen. Das gelingt insbesondere beim Lachsburger, der bei den Gästen sehr gut ankommt. Doch gerade die Konsistenz der Rindfleischimitate unterscheidet sich nach der Zubereitung deutlich von der tierischen Vorlage, einzig die Burger-Patties stechen positiv heraus und erinnern wirklich an „echtes“ Fleisch.
Sie sei sehr zufrieden mit der Veranstaltung, sagt Leonova, nachdem die meisten Gäste gegangen sind. Sie hätte mit vielen Investoren geredet und einiges erreichen können. Es sei das erste Mal gewesen, dass sie vor so vielen Menschen gesprochen habe, sagt sie, da sei sie schon aufgeregt gewesen. Morgen wolle sie wieder zurück nach Kiew zu ihrer Tochter und ihrem Mann. Leonova verabschiedet sich mit einem Witz: „But actually I came so that Olaf Scholz could give me a few more Leopard tanks“ – sie sei gekommen, um vom Bundeskanzler ein paar Leoparden-Panzer abzuholen.