Erwerbstätigkeit in Deutschland: Jobrekord dank Teilzeit

Die Erwerbstätigkeit in Deutschland hat einen neuen Rekordwert erreicht. Im September hatten 42,1 Millionen Bürger einen Job. Damit wurde zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung die 42-Millionen-Marke überschritten, berichtet das Statistische Bundesamt in Wiesbaden. Wer jetzt allerdings annimmt, dass es hierzulande auch mehr Arbeit als früher gibt, der täuscht sich. Das Gegenteil ist der Fall.

So haben Beschäftigte im Jahr 1991 insgesamt rund 52 Milliarden Stunden gearbeitet. Im vorigen Jahr waren ist nur noch etwa 49 Milliarden Stunden, berichtet das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Dass trotzdem mehr Menschen erwerbstätig sind, hat vor allem einen Grund: Heute haben viel mehr Arbeitnehmer eine Teilzeitstelle oder einen Minijob. Nach der Wiedervereinigung arbeiteten nur knapp 16 Prozent der Beschäftigten Teilzeit, inzwischen sind es fast 35 Prozent, das sind 12,7 Millionen Menschen. In diesem und im kommenden Jahr dürften es noch etwas mehr werden, prophezeit das IAB. Jede zweite Frau hat mittlerweile eine Teilzeit-Stelle, bei den Männern ist der Anteil zuletzt auf rund 18 Prozent gestiegen.

Minijobs spielen große Rolle

Viele dieser Menschen haben ihre Arbeitszeit freiwillig reduziert, damit sie Zeit für Familie, Freunde und Hobbys haben. Andere würden gern länger arbeiten – und damit mehr verdienen. So hat eine Umfrage bereits vor einigen Jahren ergeben, dass 40 Prozent der Frauen mit einer sozialversicherungspflichtigen Teilzeitstelle mehr arbeiten möchten, unter den Minijobberinnen sind es sogar 60 Prozent. Minijobs und Ein-Euro-Jobs spielen mittlerweile auf dem deutschen Arbeitsmarkt eine sehr große Rolle: Laut IAB sind inzwischen rund 13 Prozent aller Erwerbstätigen geringfügig beschäftigt. Damit sind sie die zweitgrößte Gruppe unter den Erwerbstätigen, nach den Menschen mit einer sozialversicherungspflichtigen Stelle.
Dass viele Menschen mehr arbeiten möchten, sehen Arbeitsmarkt-Forscher als Chance. Denn angesichts des drohenden Fachkräftemangels würden diese Menschen gebraucht.

Zu den Erwerbstätigen zählt das Statistische Bundesamt jeden Bürger, der mindestens eine Stunde pro Woche arbeitet. Die Statistiker orientieren sich dabei an der Definition der Internationalen Arbeitsorganisation. Zu dem Rekordwert beigetragen haben also nicht nur Minijobber und Teilzeit-Kräfte, sondern auch Schüler und Rentner, die Zeitungen austragen oder ab und zu im Supermarkt aushelfen.

Die Forscher des IAB erwarten, dass die Erwerbstätigkeit im kommenden Jahr weiter wächst. Die Arbeitslosigkeit dürfte sich allerdings kaum verändern. Auch in Oktober hat sich nicht viel getan. Im Vergleich zum Vormonat ist die Zahl der Arbeitslosen saisonbereinigt sogar leicht um 2000 Menschen gestiegen. Insgesamt waren demnach 2,8 Millionen Menschen als arbeitslos registriert, berichtete die Bundesagentur für Arbeit. Das entspricht einer Quote von 6,5 Prozent.

Dass die Erwerbstätigkeit seit längerem steigt und viele Arbeitslose davon nicht profitieren, hat mehrere Gründe: Zum einen haben in jüngster Zeit viele Menschen aus der stillen Reserve eine Stelle gefunden. Das sind Bürger, die nicht bei der Arbeitsagentur nicht mehr gemeldet sind, aber grundsätzlich einen Job suchen. Zum anderen sind in den vergangenen Monaten relativ viele Migranten aus Süd- und Osteuropa nach Deutschland gekommen.