EU-Visa noch unerreichbarer: Bots nehmen russischen Touristen Termine weg

Um während des Ukraine-Krieges in die EU einreisen zu dürfen, müssen russische Touristen viele Hürden überwinden. Eine offenbar legale Abzocke macht es jetzt noch schwieriger.

Reisende am Domodedowo-Flughafen in Moskau
Reisende am Domodedowo-Flughafen in MoskauMikhail Metzel/imago

Nachdem die EU das Visaerleichterungsabkommen mit Russland als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine ausgesetzt hat, müssen russische Touristen für eine Einreise nach Europa buchstäblich alles geben. Ein touristisches Schengen-Visum ist jetzt mit 80 Euro für Erwachsene nicht nur mehr als doppelt so teuer wie vor dem Krieg, sondern auch schwieriger zu bekommen. Bestimmte Voraussetzungen wie ein Konto bei einer europäischen Bank machen etwa die Einreise nach Deutschland am Ende fast unmöglich.

Nach Angaben diverser russischer Reisefirmen ist der Anteil europäischer Länder an allen Reisezielen der Touristen aus Russland deswegen zuletzt auf sechs, maximal 13 Prozent gesunken. Direkte Flüge gibt es sowieso nicht mehr: Dafür reisen die Russen über Drittländer wie die Türkei. Nun machen inoffizielle Vermittler den Prozess noch schwieriger, indem sie mithilfe von Bots – also von Computerprogrammen, die Aufgaben automatisiert abarbeiten – die wenigen zugänglichen Termine für ein Visum für sich reservieren.

Russische Touristen müssen am Ende für Termine zahlen

Wie die russische Zeitung Kommersant unter Verweis auf Vertreter des russischen Tourismusmarktes berichtet, würden die Bots alle freien Termine auf den Websites der offiziellen Visumantragszentren „abfangen“ und den Suchenden bei der Terminauswahl für einen Preis von bis zu 7500 Rubel (knapp 100 Euro) anbieten. Eine selbstständige Buchung wird dadurch deutlich erschwert. Die Visazentren von Frankreich, Italien und Spanien sollen besonders betroffen sein. 

Ein Computerprogramm zu schreiben, das Verifizierungsverfahren umgehen kann, scheint dagegen gar nicht so schwer zu sein. Bots werden offensichtlich im Darknet angeboten, können aber auch von IT-Studenten geschrieben werden. Und es ist nicht einmal illegal in Russland, sagen die Rechtsexperten, solange die Bots „keine Merkmale eines Virus haben“. Daher sind die Möglichkeiten der Konsulate, solche Praktiken zu bekämpfen, begrenzt.

Reisende an einem Flugschalter in Domodedowo, Moskau
Reisende an einem Flugschalter in Domodedowo, MoskauMikhail Metzel/imago

Am Ende erhöhen die Bots nicht nur die Kosten der Reisenden, sondern verursachen auch zusätzliche Verzögerungen bei der Visaerteilung. Auch die deutsche Visumantragsstelle in Russland, VisaMetric, die ihre Arbeit wegen der Sanktionen auf die Botschaft in Moskau und die Konsulate in Kaliningrad, St. Petersburg, Jekaterinburg und Nowosibirsk beschränkt hat, warnt auf ihrer Website vor Visumanträgen, die bei einem Reisebüro oder einem Drittanbieter außerhalb der deutschen Visumantragsstelle eingereicht werden. „Bitte hüten Sie sich vor Betrügern, die ihre kostenpflichtigen Dienste anbieten, um einen Termin im Visumantragszentrum zu vereinbaren“, heißt es hier.