Eurokrise : Der Italien-Schock ist verdaut

Die unklare politische Situation in Italien sieht die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit nicht als Risiko für die Euro-Zone. „Die Märkte sind wieder da, wo sie vor der Wahl waren“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag. „Die Märkte verstehen, dass wir in Demokratien leben.“ Zudem gebe es auch keine Anzeichen, dass andere Euro-Länder von den Turbulenzen angesteckt worden seien.

Der Erfolg von Protestparteien hatte unmittelbar nach der Italien-Wahl an den Finanzmärkten zu steigenden Zinsen für italienische Anleihen geführt. An den Märkten ging die Sorge um, dass sich die nächste Regierung vom Reform- und Sparkurs abwenden könnte und damit keinen Anspruch auf Hilfe durch die Zentralbank mehr hätte. Denn die EZB hatte angekündigt, im Notfall Staatsanleihen nur jener Länder zu kaufen, die sich einem Sparprogramm unterwerfen. Ohne Unterstützung durch die Zentralbank wäre Italien schutzlos einem Anstieg der Zinsen ausgeliefert.

Euro-Zone schrumpft

Der Euro-Zone sagt die EZB unterdessen eine schärfere Rezession voraus, vor allem aufgrund der schwachen Wirtschaftsleistung im vierten Quartal 2012. Laut ihren neuen Projektionen schrumpft die Euro-Zonen-Wirtschaft dieses Jahr um 0,5 Prozent. Im Dezember hatte die EZB noch mit einem Minus von 0,3 Prozent gerechnet, drei Monate zuvor sogar mit einem Plus von 0,5 Prozent. Zusätzliche Unterstützung für die Konjunktur gab die EZB am Donnerstag dennoch nicht. Sie beließ den Leitzins auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Die Zentralbank wartet ab. Denn die Lage ist unübersichtlich.

Zum einen gibt es positive Entwicklungen: Die Inflation geht zurück. Fürs Gesamtjahr 2013 rechnet die EZB nun mit einer Preissteigerungsrate von 1,6 Prozent. Zudem ist die Euro-Krise abgeflaut, die Staaten müssen nicht mehr so hohe Zinsen für ihre Kredite bezahlen. Am Donnerstag lieh sich zum Beispiel Spanien fünf Milliarden Euro. Für die zehnjährige Anleihe musste es den Anlegern 4,92 Prozent zahlen, im Februar waren es noch 5,20 Prozent. Dank der Sicherheitsgarantie der EZB greifen Anleger bei südeuropäischen Anleihen wieder zu.

Gleichzeitig zeigen die Stimmungsindikatoren eine Stabilisierung der Konjunktur an. Auch die Aktienmärkte legen zu. „Unglücklicherweise bedeutet Stabilisierung noch keine Erholung“, so Carsten Brzeski von der Bank ING. Von Aufschwung ist keine Spur, die Arbeitslosigkeit liegt auf Rekordhoch. Zudem zieht sich weiter ein tiefer Graben durch Europa: Während die deutsche Wirtschaft wahrscheinlich schon wieder wächst, hinken Frankreich und Italien hinterher. In Spanien schrumpft die Wirtschaft weiter, auch wenn sich die Lage etwas aufhellt. Länder wie Portugal und Griechenland stecken noch immer in der Rezession fest.

Wie anfällig der Aufschwung jedoch auch in Deutschland ist, zeigten die am Donnerstag veröffentlichten Zahlen zu den Industrieaufträgen: Im Januar lagen sie 1,9 Prozent niedriger als im Dezember. „Insbesondere der Rückgang der Aufträge aus anderen Euro-Zonen-Ländern um vier Prozent erinnert uns schmerzlich daran, dass die Krise noch nicht vorüber ist“, so Brzeski.