Exporte nach China brechen ein: Vergrault Habeck unseren wichtigsten Handelspartner?
Habeck will chinesische Investoren überwachen und brüskiert Ministerium und Industrie. Ein Ökonom warnt: Sinkende Exporte sind erst der Anfang im Konflikt mit China.

Die starke Exportfixierung Deutschlands könnte der Wirtschaft große Probleme bereiten. Denn China – letztes Jahr der größte Handelspartner der Bundesrepublik – kauft deutlich weniger Waren aus Deutschland ein. Im ersten Quartal sind die Ausfuhren in die Volksrepublik im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um zwölf Prozent eingebrochen, berichtet Reuters unter Verweis auf vorläufige Berechnungen des Statistischen Bundesamts.
Für Andreas Nölke, Professor für Internationale Politische Ökonomie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, spiegeln die aktuellen Zahlen „die Schattenseiten der extremen Exportabhängigkeit des deutschen Wirtschaftsmodells“ wider. Der „Exportismus“ führe dazu, dass über Wohl und Wehe der deutschen Ökonomie überproportional in anderen Ländern entschieden werde. „Andere große Ökonomien wie die USA, China, Japan und unsere europäischen Nachbarn sind viel weniger verwundbar über den Exportkanal“, sagte Nölke im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Er schlussfolgert: „Auch Deutschland sollte seine übermäßige Abhängigkeit reduzieren, durch eine Stärkung der Binnennachfrage.“
China stärkt die eigene Wirtschaft – Aufschwung geht an Deutschland vorbei
Insgesamt legten die deutschen Ausfuhren um 7,4 Prozent dazu. Warum schwächelt gerade der für deutsche Unternehmen so wichtige China-Markt? Der Chefvolkswirt des Mercator Institute for China Studies (Merics), Max Zenglein, ist der Meinung, dass die wirtschaftliche Erholung hauptsächlich von Verbrauchern und Dienstleistungen auf dem chinesischen Binnenmarkt abhängen wird. „Das Post-Corona-Wachstum wird vom Konsum befeuert“, sagte Zenglein zu Reuters. „Das geht also an Deutschland vorbei.“
Erschwerend kommt hinzu, dass Peking auf mehr Autarkie setzt. Die chinesische Regierung will die Abhängigkeit von westlicher Hochtechnologie durch eigene Produktion ersetzen. „Damit besteht die Gefahr, dass die deutschen Exporte nach China vielleicht ihren Zenit erreicht haben“, sagt Zenglein. Der Anteil der Ausfuhren in die Volksrepublik an den deutschen Gesamtexporten dürfte sich „auf einem niedrigeren Niveau einpendeln“. Schon jetzt liege er nur noch bei rund sechs Prozent, nachdem er zeitweise bei etwa acht Prozent gelegen habe.
Experte warnt: Sinkende Exporte erst der Anfang der Konfrontation mit China
Verschärfend kommt hinzu, dass die USA und die EU mit strikteren Sanktionen gegen China vorgehen wollen. Ökonom Andreas Nölke meint: „In den kommenden Jahren wird die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von China noch sehr problematische Auswirkungen haben.“ In den USA gebe es einen breiten Konsens zwischen Demokraten und Republikanern, dass der weitere Aufstieg Chinas unbedingt verhindert werden müsse. „Die wirtschaftliche Entflechtung zwischen dem von den USA angeführten westlichen Block und China hat gerade erst begonnen. Der aktuelle Einbruch bei den China-Exporten ist nur ein Zwischenschritt in diesem Prozess“, sagte Nölke der Berliner Zeitung.
Die Konfrontation mit China hält Nölke für unsinnig, denn eine intensive Kooperation bei globalen Problemen wie dem Klimaschutz sei notwendig. Dennoch werde sich eine Zuspitzung des Konflikts kaum noch verhindern lassen. In den letzten Jahren hätte die Auseinandersetzung zwischen der Bundesregierung und der deutschen Exportindustrie über das Verhältnis zu China zugenommen, verschärft mit dem Antritt der Ampelkoalition, sagt Nölke.
Deutsche Industrie begrüßt Engagement von Unternehmen in Deutschland
Ein weiteres Schauspiel in der Auseinandersetzung zwischen Bundesregierung und Industrie gab es am Donnerstag zu beobachten. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) erklärte zum deutsch-chinesischen Wirtschaftsverhältnis: „Die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und technologische Souveränität Deutschlands und der EU erfordern die grundsätzliche Offenheit für ausländische Investitionen an unserem Standort, auch aus China.“
Der BDI begrüßte damit die Entscheidung der Bundesregierung, die sich am Mittwoch nach monatelangem Hin und Her endlich dazu durchgerungen hatte, dem chinesischen Schifffahrtskonzern COSCO eine Minderheitsbeteiligung am Containerterminal Tollerort im Hamburger Hafen einzuräumen. „Die Beteiligung stärkt die Zusammenarbeit zwischen den Partnern und die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens sowie des Logistikstandorts und damit der Industrienation Deutschland“, erklärte der BDI. Es sei vernünftig, die Wirtschaftsbeziehungen zu China auszubauen – selbst bei wachsenden geopolitischen Spannungen. „China ist auch ein Partner und sollte es in unserem wirtschaftlichen und politischen Interesse bleiben“, fordert der Industrieverband.
Robert Habeck zerschlägt Porzellan: Chinesische Investitionen nur unter staatlicher Kontrolle
Nur wenig später setzte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zur nächsten Provokation gegen China an. In einer Konferenz mit Vertretern von Handelskammern trug er vor, dass er staatliche Kontrollen bei ausländischen Investitionen (Outbound Screening) einsetzen wolle. Wie das Handelsblatt berichtet, will Habeck mit diesem Vorstoß überprüfen, ob Wissen eines Unternehmens „abfließt“ und es „die Technik“ dann „nur noch in China entwickeln lässt“.
Wie wenig durchdacht Habecks Vorhaben ist, zeigt der Umstand, dass das Bundeswirtschaftsministerium sich kurz zuvor noch gegen die Einführung von Outbound Screenings ausgesprochen hatte. Der Abteilungsleiter für Außenwirtschaft, Dominik Schnichels, hatte erklärt: „Sie können als Unternehmen jedes Geschäft mit China machen, wir werden ihnen keine Knüppel zwischen die Beine werfen.“
Habeck dürfte mit seiner Haltung nicht nur sein eigenes Ministerium und die deutsche Industrie brüskieren, sondern auch in der Bundesregierung weiteren Unmut schüren. Seit Monaten kann sich die Ampelkoalition nicht auf eine gemeinsame China-Strategie einigen. Federführend ist hierbei Habecks Parteikollegin, Außenministerin Annalena Baerbock.
Dedollarisierung und neue Handelspartner: China kehrt dem Westen den Rücken
Die chinesische Regierung nimmt den verschärften Kurs des Westens zur Kenntnis – und zieht ökonomische Schlussfolgerungen. Peking billigt immer mehr Staaten zu, ihren Handel in Yuan statt in US-Dollar abzuwickeln. Pakistan möchte Öl aus Russland künftig in chinesischer Währung bezahlen. „Wir hoffen, dass es sich bei einer langfristigen Vereinbarung um eine Transaktion in Rupie und chinesischer Währung handelt“, sagte Pakistans Energieminister Khurram Dastgir Khan in einem Bloomberg-Interview. „Und vielleicht muss dieser Währungsswap größer werden, damit wir andere Chancen nutzen können, die sich möglicherweise ergeben.“
Die Verwendung des Yuan im Welthandel ist zwar im Vergleich zum Dollar immer noch gering, gewinnt aber an Bedeutung. Der brasilianische Hartholzzellstoffproduzent Suzano SA erwägt, seine Produkte in Yuan nach China zu verkaufen. Bangladesch hat sich kürzlich mit Russland darauf geeinigt, eine Zahlung in Höhe von 300 Millionen US-Dollar im Zusammenhang mit dem Bau eines Kernkraftwerks in der Nähe von Dhaka in chinesischer Währung zu begleichen. Und auch im Handel mit Indien nimmt der Yuan einen zunehmend größeren Platz ein.
Auf der Suche nach neuen Verbündeten hat China am Donnerstag ein Freihandelsabkommen mit Ecuador geschlossen. Durch das Abkommen sollen die ecuadorianischen Exporte, die nicht aus dem bedeutenden Ölsektor des Landes stammen, in den nächsten zehn Jahren um drei bis vier Milliarden US-Dollar gesteigert werden, berichtete die Financial Times. China ist Ecuadors größter Handelspartner außerhalb des Erdölsektors und hat sich zu einer wichtigen Finanzierungsquelle für das lateinamerikanische Land entwickelt, wo es Infrastruktur- und Energieprojekte unterstützt hat. In Washington dürfte das Abkommen als Provokation gewertet werden. Die USA sind – Erdöl mit eingerechnet – Ecuadors größter Handelspartner und betrachten Südamerika als Teil ihrer Einflusssphäre.