Fleischskandal Niederlande: 50 Millionen Kilo Fleisch zurückgerufen
Amsterdam - Der Skandal um nicht deklariertes Pferdefleisch hat am Mittwoch eine neue Dimension gewonnen. Ein niederländischer Fleischverarbeiter könnte laut der Behörde für Lebensmittel- und Konsumgütersicherheit des Königreichs 50 Millionen Kilo falsch deklariertes Fleisch in Verkehr gebracht haben. Das sind 1 250 große Lkw mit einer Ladekapazität von jeweils 40 Tonnen. Nun rufen die Behörden das Fleisch zurück, weil die Lebensmittelsicherheit nicht garantiert werden könne. Konkrete Hinweise auf Gefahren gebe es derzeit aber nicht.
Die Bundesregierung ist von den niederländischen Behörden in einem Schreiben über die laufenden Ermittlungen informiert worden. Das sagte am Mittwochabend ein Sprecher des Bundesverbraucherschutzministeriums der Berliner Zeitung. Betroffen seien Fleischchargen, die von 2011 bis Mitte Februar dieses Jahres geliefert worden seien. „Es ist jetzt wichtig, dass wir schnell Klarheit bekommen, welchen Weg die Ware genommen hat, wie sie verarbeitet worden ist und wer sie verarbeitet hat.“
500 Händler betroffen
In Umlauf gebracht haben soll das Fleisch nach Angaben der niederländischen Behörden das Unternehmen Willy Selten BV. Es war auf die Zerlegung von Schlachtkörpern spezialisiert und bezieht und verkauft die Ware aus und nach ganz Europa. 130 niederländische und 370 ausländische Firmen, darunter deutsche, spanische und französische, waren offenbar Käufer des Fleisches. Sie haben es nach derzeitigen Erkenntnissen erneut verarbeitet, zum Beispiel zu Tiefkühlprodukten, und dann weiterverkauft. Die Unternehmen sollen sich nun an der Aufklärung, auch der Kunden, beteiligen. Ob es in Deutschland nochmal Funde von mit nicht-deklariertem Pferdefleisch hergestellten Produkten geben wird, ist aber sehr fraglich.
Die deutschen Fleischhersteller und Supermärkte haben seit dem Bekanntwerden des Pferdefleisch-Skandals im Januar ihre Produktpaletten überprüft. Erst kürzlich geliefertes Fleisch wäre oder ist im Zuge dieser Überprüfungen womöglich schon entdeckt worden. Fleisch, das zu einem früheren Zeitpunkt nach Deutschland gelangt ist, dürfte aber an die Verbraucher verkauft worden sein, ohne dass etwaige Unregelmäßigkeiten entdeckt worden sind.
Willy Selten steht bereits seit Februar im Verdacht, mit unsauberen Methoden gearbeitet zu haben. Damals führten die niederländischen Ermittler eine Razzia in dem Unternehmen durch. Es wurde der Vorwurf laut, dass das Unternehmen gehacktes Pferdefleisch mit gehacktem Rindfleisch vermischt habe. Seither laufen strafrechtliche Ermittlungen. Es geht nicht nur um Fälschung und Betrug, sondern auch um Geldwäsche. In den Akten fehlten offenbar die Nachweise für die Herkunft bestimmter Fleischchargen.
Nach früheren Angaben der Lebensmittelsicherheitsbehörde könnte es sich um irische Pferde gehandelt haben. Willy Selten ist inzwischen insolvent. Das Unternehmen hatte Ende März Konkurs angemeldet. Der Geldgeber Rabobank wollte das Unternehmen nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe nicht mehr finanzieren.