In Rubel bezahlt? Bundesregierung meldet sich zum Gas-Eklat um Nehammer

Bezahlt Deutschland russisches Gas nun in Rubel, wenn es keinen Lieferstopp gibt? Die Berliner Zeitung hat beim Wirtschaftsministerium nachgefragt.

Lubmin, Mecklenburg-Vorpommern: Blick auf Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1
Lubmin, Mecklenburg-Vorpommern: Blick auf Rohrsysteme und Absperrvorrichtungen in der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1dpa

Die Antwort kam schnell. Die Haltung der Bundesregierung zur Bezahlung der russischen Gaslieferungen bleibe klar und unverändert, teilte die Sprecherin des Wirtschaftsministeriums, Susanne Ungrad, auf Anfrage mit. „Die Verträge gelten. Diese privatrechtlichen Verträge gelten und laufen auf Euro und Dollar“. Ungrad wies darauf hin, dass auch die G7-Energieminister sich zu der Frage eindeutig positioniert hätten.

Damit reagierte das Wirtschaftsministerium auf die Falschinterpretationen eines vermeintlichen Pressestatements des österreichischen Kanzlers Karl Nehammer, das in den russischen Staatsmedien veröffentlicht wurde. In einer Tass-Meldung hieß es, dass Österreich und Deutschland die russischen Gaslieferungen nun in Rubel bezahlen würden. Stattdessen soll es aber offenbar um die Modalitäten gehen, nach denen die europäischen Kunden das Geld für ihr Gas auf ein Währungskonto der Gazprombank überweisen. Die russische Bank wandelt das Geld von Euro in Rubel um und überweist die Zahlungen in Rubel auf die Konten der russischen Gasexporteure. Das heißt: Die europäischen Kunden überweisen das Geld nach wie vor in Euro und nicht in Rubel.

Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien eingestellt

Nehammer hat sich von dieser Falschinterpretation auf Twitter nun offiziell distanziert. Nein, der Energiekonzern OMV bezahle Gaslieferungen aus Russland „selbstverständlich weiterhin in Euro“, hieß es. Österreich halte sich auf „Punkt und Beistrich“ an die gemeinsam beschlossenen EU-Sanktionen.

Zuvor hatte Russland laut Medienberichten Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien eingestellt. Begründet wird der Gaslieferstopp demnach damit, dass Polen sich nach wie vor weigere, die russischen Zahlungsbedingungen zu erfüllen. Der polnische Gaskonzern PGNiG sieht in der Entscheidung einen Bruch bestehender Verträge. Man wolle Schadenersatz wegen Vertragsbruch fordern. Die russische Seite hat sich bisher nicht zu diesen Vorwürfen geäußert.

Auf die Fragen, ob die weiterhin geltenden Verträge mit Russland Überweisungen auf ein Gazprombank-Währungskonto implizieren, ging die Pressesprecherin des deutschen Wirtschaftsministeriums nicht ein. Denn die Klauseln in den privatwirtschaftlichen Verträgen gelten normalerweise als vertraulich und werden geheim gehalten. Ungrad wies jedoch darauf hin, dass es zu den Zahlungsmodalitäten europäische Guidelines gebe, die für Deutschland den Rahmen bilden würden und die dann eingehalten werden. „Danach ist Konto K, auf das in Euro/Dollar gezahlt wird in Einklang mit den Sanktionen, wenn Unternehmen erklären, dass mit Zahlung in Euro oder Dollar die die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Leistung erfolgt ist.“

Ende März hatte Präsident Wladimir Putin in einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz jedoch diese Zahlungsmodalitäten vorgeschlagen. So können die europäischen Unternehmen ihre Rechnungen für russisches Gas ab dem 1. April weiterhin in Euro und sanktionskonform begleichen. Dieser Mechanismus verstößt nicht gegen die EU-Sanktionen, die gegen die russischen Banken verhängt wurden. Die Gazprombank steht zwar sowohl in den USA als auch in der EU auf Sanktionslisten. Diese regeln aber nur den Zugang der Bank zu den westlichen Kapitalmärkten.

IHK Düsseldorf: Lieferstopp mögliches Szenario

Die Energieexpertin Claudia Kemfert am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet in dieser Hinsicht nicht mit Versorgungsengpässen in Deutschland. Der Geschäftsführer der Abteilung International an der IHK Düsseldorf mit einem eigenen Russland-Kompetenzzentrum, Ralf Schlindwein, schließt jedoch nichts aus.

„Ein Lieferstopp sowohl seitens Russlands als auch der EU-Länder ist ein mögliches Szenario“, sagt Schlindwein der Berliner Zeitung. Die Unterbrechung der Gasversorgung hätte für Unternehmen aber weitreichende negative Folgen. Die Energiekosten würden in diesem Fall weiter steigen – ausgehend von einem bereits sehr hohen Niveau. Investitions- und Beschäftigungspläne dürften noch stärker als bislang schon hinterfragt und auf Eis gelegt werden.

Die Gaspreise sind wegen der Situation in Polen und Bulgarien bereits auf den Börsen kurzfristig gestiegen. An der realen Versorgungslage in Deutschland habe sich bisher aber kaum etwas verändert, so Schlindwein. „Energieunternehmen und Unternehmen energieintensiver Industrien wie in der Chemie und Metallverarbeitung, aber auch in Papier- oder Lebensmittelindustrien stehen in beständigem Austausch mit der Bundesregierung, die sich gleichzeitig um alternative Lieferanten bemüht.“