Karriere-Tipps: Wie Frauen im Job richtig durchstarten

Noch immer ziehen viele Frauen im Job den Kürzeren. Aber sie können lernen, ihre Stärken gezielter einzusetzen. In den „Women only“ -Seminaren des Berliner Trainings- und Coachinganbieters yuii Business-Training üben Frauen Selbstvermarktung, Körpersprache, Konfliktlösung und vor allem: Kommunikation mit den männlichen Kollegen. Die Trainerinnen Sabine Zelm und Madeleine Yoran geben Tipps für eine erfolgreiche Karriere.

Frauen verdienen oft deutlich weniger als Männer und besetzen seltener Spitzenpositionen. Was machen sie falsch?

Madeleine Yoran: Diese Frage impliziert bereits, dass die Frauen ausschließlich selbst daran schuld sind. Dass Frauen im Durchschnitt weniger verdienen, hat sicher viele Gründe: Häufig arbeiten sie in generell schlechter bezahlten Branchen oder Teilzeit. Doch sie schneiden auch in Gehaltsverhandlungen oft schlechter ab. Ein Grund könnte sein, dass es Frauen schwerer fällt, ihre Gehaltsvorstellungen vehement und klar einzufordern und durchzusetzen. Viele haben schon als Kind Glaubenssätze wie „wenn ich lieb bin, mag man mich“, „man muss sich bedanken und nicht zu fordernd sein“ oder „ Bescheidenheit ist eine Tugend“ gelernt. Übrigens wird auch diskutiert, ob Männer Männer in Gehaltsrunden oder bei der Verteilung von Führungspositionen – vielleicht unbewusst – bevorzugen. Auch dies ist ein möglicher Einflussfaktor.

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Sabine Zelm: Frauen haben öfter den Drang, Harmonie herzustellen. Bei den Frauen, die gerade im „Karriere-Alter“ sind, fing das meist schon im Kindergarten an: Die Mädchen spielten gemeinsam in der Gruppe. „Bestimmerinnen“ wurden darin meist nicht gerne gesehen. Häufiger ging es darum, dass die Gruppe sich wohl fühlt und Konflikte im Konsens ausgehandelt wurden. Bei Jungs gab es „Anführer“, die klar sagten, wo es lang ging. Das galt als normal. Eine Hierarchie wurde ausgehandelt und akzeptiert. Somit wurden Jungs für das Berufsleben meist schlicht besser ausgerüstet. Das könnte ein Grund sein, warum sich Frauen heute in der „Leader“-Rolle eher noch unwohl fühlen oder sich schwerer tun, unbequeme Entscheidungen zu treffen.

Was müssen Frauen im Berufsalltag ändern?

Zelm: Viele Frauen müssen lernen, mehr Eigen-PR für sich zu betreiben, ihre Erfolge beim Namen zu nennen, Erfolgs-Mails herumzuschicken oder im Jour Fix mit dem Chef über ihre Leistungen zu sprechen. Und sie müssen auch anfangen, wirkliche Konsequenzen zu ziehen, wenn sie sicher sind, dass sie unterbezahlt werden oder schlechter verdienen als männliche Kollegen in der gleichen Position mit den gleichen Leistungen.

Stichwort Networking: Haben Frauen Nachholbedarf?

Zelm: Definitiv. Aber man muss auch klar sagen, dass es bereits sehr viele Möglichkeiten für Frauen gibt. Tolle Verbände, interessante Branchen-Netzwerke, regionale Stammtische in vielen verschiedenen Bereichen - gerade in größeren Städten. Frauen müssen nur noch mitmachen und die Angebote nutzen. Männern wissen das seit Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden: Netzwerken ist für den beruflichen Erfolg extrem wichtig. Wer Karriere machen will, muss zielgerichtet Beziehungen aufbauen und pflegen.

Ist die Angst vor weiblicher Konkurrenz hinderlich?

Yoran: Studien zeigen, dass Frauen mit weiblicher Konkurrenz tatsächlich schlechter umgehen können. Scheinbar auch, weil sie „gewohnt“ sind, dass Männer häufiger Karriere machen. Wenn dann eine Frau an ihnen vorbei zieht, kann das also noch schneller zu Selbstzweifeln führen. Sie setzen den Erfolg der Konkurrentin in Relation zu sich selbst, vergleichen sich mit ihr. Statt zu denken: „Wow, sie hat es geschafft, da guck ich mir vielleicht was ab“, denken viele Frauen zu schnell „Mist, sie ist besser als ich!“ oder „Was hat sie, was ich nicht habe?“ Es wäre wünschenswert, wenn Frauen noch bewusster die verdienten Karrieren ihrer Geschlechtsgenossinnen unterstützen und würdigen.

Zu den Karriere-Fallen gehört auch die Körpersprache. Wieso?

Yoran: Viele Frauen müssen mehr auf ihre Körpersprache und ihr Auftreten achten. Wir ziehen in unseren Trainings gerne das „Status“-Konzept aus dem Improvisationstheater heran. Hier unterscheidet man zwischen Rollen, die einen Hochstatus einnehmen (= Königin) und Tiefstatus-Rollen (= Bettler). Ein Tiefstatus macht sich zum Beispiel körperlich klein. Haben Sie Männer und Frauen einmal in Meetings beobachtet? Die Männer machen meist ausladende Gesten, lehnen sich über den Tisch, berühren andere, strecken sich, gähnen, sprechen laut. Frauen haben oft die Beine verschränkt und die Ellenbogen eng am Körper. Sie machen sich körperlich klein, halten sich auch körperlich zurück, sprechen leiser und tappen so in die sogenannte Tiefstatus-Falle.

Zelm: Wir haben vielleicht gelernt, dass „brave Mädchen“ so sitzen, aber alleine durch solche körpersprachlichen Signale begeben wir uns in einen ungewollten Tiefstatus, der letztendlich dazu führen kann, dass wir nicht „gesehen“ werden. Doch, wer im Job nicht sichtbar ist, hat sicher schlechtere Karten, bei der nächsten Beförderungsrunde gesehen zu werden.

Wie kann man einen Tiefstatus vermeiden?

Zelm: Wir trainieren in unseren Seminaren, auf körpersprachliche Signale zu verzichten, die einen Tiefstatus ausdrücken und geben ihnen die Möglichkeit, spielerisch auszuprobieren, wie sie sich in einer Tief- oder Hochstatus-Rolle fühlen. Und wie sich das automatisch auf ihr Auftreten und zum Beispiel auch die Stimme auswirkt.

Worin unterscheidet sich männliche und weibliche Kommunikation noch?

Yoran: Männer kommunizieren deutlich stärker auf der Sachebene und hören auch eher mit einem „Sachohr“. Frauen interpretieren zu häufig oder fürchten, sie würden andere durch sachliche oder klare An- oder Aussagen verletzen. Das ist einer der wesentlichen Unterschiede. Ein Beispiel: Der Chef sagt: „An dem Konzept müssen Sie noch einiges ändern, Frau Müller!“ Er meint: „Es ist noch nicht rund, bitte ändern.“ Frau Müller versteht: „ICH war nicht gut genug, bestimmt hält er MICH jetzt für inkompetent. Mache ICH überhaupt einen guten Job?“ Was hat sie getan? Frau Müller hat mit dem so genannten „Beziehungsohr“ gehört und bezieht die sachliche Kritik am Konzept auf sich. Sie hört in seiner Aussage, wie er als Chef zu ihr als Person bzw. Fachkraft steht. Das war aber gar nicht sein Ziel: Der Chef fand das Konzept noch nicht gut – und Punkt.

Reagieren wir generell emotionaler als Männer?

Zelm: Das ist schwer zu pauschalisieren. Aber wenn man ehrlich ist, sieht man nach Gehaltsverhandlungen oder kritischen Mitarbeitergesprächen Frauen öfter mit Tränen in den Augen als Männer. Das muss allerdings nicht heißen, dass Frauen emotionaler sind. Sie drücken Gefühle nur anders aus. Im Berufsleben ist es jedoch nicht sinnvoll, sich von Emotionen beherrschen zu lassen und diese zu stark auszuagieren. Weder Weinen noch Herumbrüllen führen ans Ziel. Emotionen sind allerdings ein wichtiges Signal, dass etwas nicht stimmt! Sei es ein ungutes Bauchgefühl oder Wut bei einer unfairen Behandlung – Gefühle zeigen im Job häufig wie ein Kompass, wenn etwas nicht richtig läuft.

Wie setzen Frauen Gefühle positiv ein?

Yoran: Hier ist das Schlagwort „Empathie“: In Verhandlungen oder in Krisen ist es zum Beispiel absolut wichtig, sich in Geschäftspartner, Meinungsführer etc. hineinversetzen zu können. Empathie ist ein hervorragender beruflicher Skill, der besonders Frauen zugeschrieben wird. Hier können Frauen punkten und diese Stärke optimal für den Arbeitgeber einsetzen.

In welchen Situationen haben wir noch Vorteile?

Zelm: Auch hier: Vorsicht vor Pauschalisierungen. Jeder Mensch besitzt bestimmte, individuelle Fähigkeiten. Wir sind im Grunde keine Verfechter von: Frauen können immer nur das gut, Männer immer nur jenes. Eine Fähigkeit, die jedoch eher als„typisch weiblich“ eingestuft wird, ist, zwischen unterschiedlichen Parteien bei Konflikten zu vermitteln oder das Schaffen von Win-Win-Situationen. Und das sind im Business durchaus gefragte Skills - gerade in Zeiten knapper Budgets, in denen es immer mehr um Kooperation und Kollaboration geht.

Yoran: In Führungspositionen werden diese „typisch weiblichen“ Eigenschaften in Zukunft stärker gefragt sein! Denn die Mitarbeiter von heute und morgen wünschen sich immer mehr Verständnis und kreative Ansätze von ihren Arbeitgebern und Vorgesetzen. Zum Beispiel wenn es um flexible Arbeitszeitmodelle oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Hier müssen Chefs sensibler reagieren und in der Lage sein, einen empathischen Interessenausgleich zu finden. Das könnte Frauen besonders gut gelingen. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass Männer nicht sensibel oder empathisch sind.

Warum richten sich Ihre Seminare gezielt an Frauen?

Zelm: Gender-Themen sind hoch emotional! Wir würden unser Training „Women only“ daher nicht gemeinsam mit männlichen Teilnehmern durchführen. Die Gefahr, dass Männer sofort in die Verteidigung gingen und sich angegriffen fühlten, und Frauen entweder in eine Kampfhaltung übergingen oder den Rückzug antreten würden, wäre groß. Frauen-Gruppen sind ein geschützter Rahmen, in denen Frauen ganz offen, ohne Scham oder ohne Angst zu verletzten, ihre Erfahrungen erzählen und dazulernen können.

Was lernen die Teilnehmerinnen?

Yoran: Unsere Workshops sind ganz klar „Business-Trainings“ - es geht also immer um Kommunikation im Job-Kontext: In Verhandlungen, in Meetings, bei Präsentationen, im Bewerbungsgespräch. Und es geht um „Aha-Erlebnisse“: Wir müssen erst mal verstehen, warum die Kommunikation mit männlichen Kollegen manchmal anders und teilweise gefühlt schwieriger ist. Genauso auch, was unsere weibliche Kommunikation ausmacht und wo wir in einer männerdominierten Business-Welt eben schnell mal in „Fallen“ tappen. Dann können wir sowohl unser eigenes Verhalten ganz neu einordnen und bewerten, als auch das unserer männlichen Kollegen.

Zelm: Es geht in unseren Seminaren weder darum, einen weiblichen Kommunikationsstil abzutrainieren, noch den männlichen zu verteufeln oder zu glorifizieren. Beide haben bestimmte Stärken und Schwächen. Und hierin liegen sehr viele großartige Synergien für die Zusammenarbeit. Wir möchten Frauen dabei helfen, sich ihrem und dem Kommunikationsverhalten männlicher Kollegen bewusst zu werden. Das alleine kann zu mehr Gelassenheit, Souveränität und Selbstbewusstsein im Job führen.