Katar verärgert: Muss Habeck nun um seine Gas-Deals bangen?

Katar will nicht einfach der Korruption bezichtigt werden – und droht mit Verwerfungen beim Gas. Deutschland wollte Russland durch Katar ersetzen. 

Archiv: Scheich Mohammed bin Hamad bin Kasim al-Abdullah Al Thani, Minister für Handel und Industrie von Katar, begrüßt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. 
Archiv: Scheich Mohammed bin Hamad bin Kasim al-Abdullah Al Thani, Minister für Handel und Industrie von Katar, begrüßt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Der Korruptionsskandal im EU-Parlament könnte sich nachteilig auf Deutschlands Bemühungen auswirken, Gas aus Katar statt aus Russland zu beziehen. In einer Stellungnahme hat das Emirat sein Unverständnis über die Anschuldigungen gegen ein Netzwerk von EU-Politikern und Offiziellen ausgedrückt: Katar weist jede Beteiligung in der Affäre als völlig haltlos zurück und beschwert sich, dass die katarische Regierung von den Ermittlungsbehörden nicht ins Bild gesetzt worden sei. Katar kritisiert das EU-Parlament für das verhängte Hausverbot der Vertreter des Golfstaates und warnt davor, dass dieser „diskriminierende“ Schritt die breitere Zusammenarbeit zwischen der EU und Katar beeinträchtigen könnte. Das Parlament hatte vergangene Woche katarischen Vertretern den Zutritt zu den Räumlichkeiten untersagt und Gesetze in Bezug auf das Land ausgesetzt sowie die Visaliberalisierung und geplante Besuche gestoppt.

„Die Entscheidung, eine solche diskriminierende Beschränkung aufzuerlegen, … wird die regionale und globale Sicherheitskooperation sowie die laufenden Diskussionen über globale Energiearmut und Sicherheit negativ beeinflussen“, sagte ein katarischer Diplomat in einer Erklärung laut Reuters. Weiter heißt es in der Erklärung, die Entscheidung zeige, „dass die Abgeordneten erheblich in die Irre geführt wurden“.

Nach Einschätzung des Nachrichtenmagazins Politico könnte der Zorn der Kataris vor allem Deutschland treffen. Zwar hätten auch Frankreich und Italien Deals mit Katar, doch sind diese eher wirtschaftlicher Natur. Der französische Energieriese TotalEnergies hält Anteile sowohl an dem von Katar durchgeführten LNG-Förderprojekt North Field East, welches als das weltweit größte LNG-Projekt gilt, als auch an dem Projekt North Field South. Auch die italienische Eni ist an North Field East beteiligt. Sowohl Rom als auch Paris haben sich gegenüber Katar in den vergangenen Wochen vor allem während der Fußball-WM mit kritischen Wortmeldungen zurückgehalten. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron war sogar zu zwei Spielen gereist, während die deutschen Fußballspieler vor ihrem frühzeitigen Ausscheiden noch mit einer Protestaktion gegen die WM-Veranstalter für Aufsehen sorgten. Deutschland hat sich in größere Abhängigkeit von Katar begeben als andere Länder: Deutschland hat einen langfristigen Vertrag abgeschlossen, während die anderen Länder flexibel bleiben wollen und Gas aus Katar auf dem Spotmarkt einkaufen werden.

Nach Bekanntwerden des Korruptionsskandals musste Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Dienstag in Brüssel erklären, warum Deutschland von Katar Gas kaufe. Der Handel mit anderen Ländern müsse immer mit den „moralischen Konsequenzen abgewogen“ werden, die man eingeht, und gleichzeitig müsse man sehen, dass man „Versorgungssicherheit gewährleisten“ könne. Deutschland habe ein Interesse daran, den Wegfall des russischen Gases zu kompensieren. Habeck: „Also denke ich, dass wir zwischen den beiden unterscheiden müssen.“

Die Opposition sieht das nicht so und will den Druck auf Katar hoch halten. Der EU-Abgeordnete David McAllister von der CDU will trotz Drohungen aus Katar an einem Zugangsverbot für katarische Lobbyisten festhalten. Die Zugangsausweise blieben „so lange deaktiviert, bis die gerichtlichen Untersuchungen der Vorwürfe abgeschlossen sind“, sagte der CDU-Politiker der Zeitung Welt.

Sein Kollege Dennis Radtke forderte auf Twitter, alle Deals mit Katar auf den Prüfstand zu stellen. Die Grünen wollen zwar auch überprüfen, sagen aber, dass der Deal mit Katar nur vorläufig sei. Geschäfte mit dem Emirat seien im Vergleich zu Deals mit Russland das „kleinere Übel“. Cinzia Bianco vom European Council on Foreign Relations (ECFR) sagte Politico, dass der Skandal dazu führen könnte, dass alle Schritte in Richtung einer zukünftigen Energiepartnerschaft zwischen der EU und Katar verzögert würden.