Quittung für verfehlte Wirtschaftspolitik: Deutschland rutscht in die Rezession

In der Euro-Zone ist Deutschland mittlerweile das Schlusslicht beim Wachstum. Die hohen Energiepreise schaden der Industrie und führen zu steigender Armut. Ein Kommentar.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (v.l.n.r.), Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner
Wirtschaftsminister Robert Habeck (v.l.n.r.), Bundeskanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian LindnerMichael Kappeler/dpa

Die Ampel hat die Quittung für ihre Wirtschaftspolitik bekommen: Deutschland ist in die Rezession abgerutscht. Im ersten Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent, nachdem die Wirtschaft zum Jahresende bereits um 0,5 Prozent eingebrochen war. Folgen zwei negative Quartale aufeinander, spricht man von einer technischen Rezession.

Regierung reagiert nicht auf Warnungen des IWF

Was Experten schon seit Langem prognostizieren, hat sich nun bewahrheitet. Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung droht schwere Schäden in Deutschland anzurichten. Der Internationale Währungsfonds geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft langfristig, über 2026 hinaus, nur noch ein Miniwachstum nahe der Stagnation erreichen wird, wenn der Staat nicht endlich mehr Geld ausgibt.

Doch der zuständige Finanzminister schaltet auf stur. Christian Lindner will eisern an der Schuldenbremse festhalten. Im ersten Quartal sind die Staatsausgaben drastisch um 5,4 Prozent gesunken. Zwar lag das vor allem daran, dass die Kaufprämien für Hybrid-Autos weggefallen und die letzten Corona-Maßnahmen ausgelaufen sind. Der nötige Impuls zur Stimulierung der Wirtschaft ist aber dennoch ausgeblieben. So verfehlt die Bundesregierung wieder ihre Bauziele deutlich, die Bahn bleibt unpünktlich, Kinder lernen später lesen, weil sie in überfüllten Klassen sitzen, und ein Krankenhausaufenthalt wird wegen des drastischen Personalmangels zum Lebensrisiko.

Woher sollen ansonsten Konjunkturimpulse kommen? An der Entwicklung eines prosperierenden Binnenmarkts hat die Ampel sichtlich wenig Interesse. Die Menschen haben zu wenig Geld in der Tasche, um den Konsum zu steigern. Die Reallöhne der Beschäftigten sind auch zum Jahresbeginn weiter gesunken. Im Vergleich zum Vorquartal gaben die Deutschen 1,2 Prozent weniger Geld aus. Die hohen Energiepreise haben voll durchgeschlagen, und das trotz des milden Winters. Wer soll sich denn eine neue Waschmaschine kaufen, wenn die Güter des täglichen Bedarfs die Einkommen aufzehren? Dass die Bevölkerung laut den Daten des Statistischen Bundesamts besonders an Lebensmitteln und Getränken sparen musste, ist ein Armutszeugnis für ein reiches Industrieland.

Deindustrialisierung droht wegen steigender Energiepreise

Bliebe noch das Herzstück der deutschen Wirtschaft: Die Industrie konnte insgesamt um mehr als drei Prozent zulegen. Maßgeblich dafür war die Ausweitung der Autoproduktion, was ein Schlaglicht auf die Verkehrswende wirft. In der Chemie- und Metallindustrie fiel die Produktion wegen der drastisch gestiegenen Energiepreise erneut deutlich unter das Vorjahresniveau. Fraglich ist, ob der Trend zur Deindustrialisierung gebrochen werden kann.

Auch beim Export zeigt sich Deutschland nicht auf der Höhe der Zeit. Eine minimale Steigerung kam durch das Auslaufmodell Autoindustrie zustande. Längst hat China den Deutschen den Titel des Exportweltmeisters in der Branche abgelaufen. Und Achtung, Spoiler-Alarm: Im April sind die Ausfuhren in Länder außerhalb der EU bereits um 5,7 Prozent gesunken.

Die Lage wird sicher nicht besser, wenn Deutschland außenpolitisch weiter Porzellan zerschlägt. Die Gangart gegenüber China nimmt zum Teil groteske Züge an. Man denke nur an das monatelange Hickhack um den chinesischen Staatskonzern Cosco, der eine Minderheitsbeteiligung am Hamburger Hafen erwerben wollte. Die deutsche Wirtschaft war sichtlich genervt und China wurde signalisiert, dass Investitionsentscheidungen mit dieser Bundesregierung ein zermürbendes Geschäft werden, was die Investitionsbedingungen auf dem chinesischen Markt sicher nicht begünstigen dürften.

Während die USA üppige Subventionsprogramme für Zukunftstechnologien und die Renationalisierung von Lieferketten auflegen, werden in Deutschland kleine Brötchen gebacken. Große deutsche Konzerne wie BASF, Biontech oder Linde verlagern wegen der besseren Produktionsbedingungen Standorte in die Vereinigten Staaten.

Im internationalen Vergleich fällt Deutschland somit weiter zurück. Die großen Industriestaaten in Europa konnten Wachstum verzeichnen. Spanien und Italien konnten jeweils 0,5 Prozent des BIP hinzugewinnen, und selbst das von Generalstreiks überzogene Frankreich steigerte die Wirtschaftsleistung noch um 0,2 Prozent. Für Deutschland bleibt die rote Laterne. Hoffen wir, dass es kein Abstieg in die zweite Liga der Wirtschaftsnationen wird.