Tankrabatt: „Tankstellen garantieren nicht, dass der billige Sprit reicht“

Ab Mittwoch soll der Tankrabatt die Arbeitnehmer und Familien entlasten. Doch was bleibt von ihm übrig, wenn die Spritpreise steigen?

Eine Aral-Tankstelle in Berlin, Spritpreise für Benzin, Diesel und Autogas. Stand um 14.49 Uhr, den 31. Mai 2022.
Eine Aral-Tankstelle in Berlin, Spritpreise für Benzin, Diesel und Autogas. Stand um 14.49 Uhr, den 31. Mai 2022.Gerd Engelsmann

Ab dem 1. Juni soll der Tankrabatt drei Monate lang gelten, weil die Bundesregierung vorübergehend die Energiesteuer auf Benzin und Diesel senkt. Ein Liter Benzin soll dann um rund 35 Cent günstiger werden und ein Liter Diesel um 17 Cent. Allerdings nur, wenn die Tankstellen den Tankrabatt eins zu eins weitergeben.

Doch die Befürchtungen sind groß, dass die Verbraucher den Entlastungseffekt kaum noch spüren werden. Der Grund dafür: Benzin und Diesel sind in den letzten zwei bis drei Maitagen noch teurer geworden. Der Verdacht dahinter: Viele Tankstellen in Deutschland hätten die Preise angehoben. Offenbar nicht proportional zum Anstieg der Rohölpreise, sondern aus Spekulationsgründen, der „dreisten Abzocke“ zuliebe. Diese Theorie hatte zuvor der Focus unter Berufung auf die Benzinpreisdaten des bayerischen Services Tankerkönig in den Raum gestellt. Etwa 7400 Tankstellen hätten in den letzten Tagen die Preise für den Liter Super, E10 und Diesel deutschlandweit um bis zu 10 Cent angehoben, hieß es.

ADAC: Die Spritpreise derzeit komplett überteuert

Auch in Berlin steigen die Spritpreise. Lag der durchschnittliche E5-Preis Anfang Mai etwa bei 2,05 Euro, liegt er an diesem Dienstag bereits bei 2,216 Euro. Noch am 25. Mai lag der E5-Preis übrigens bei 2,148 Euro im Durchschnitt. Woran liegt der Anstieg?

Einerseits waren auf dem Rohölmarkt wegen der EU-Debatte um das Ölembargo gegen Russland, das jetzt eingeschränkt kommt, gewisse Schwankungen zu erwarten. Die Rohölpreise steigen seit dem 24. Mai zwar kontinuierlich, aber nicht sprunghaft. Trotzdem findet der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) den Preisanstieg nicht angemessen.

„Die Spritpreise sind derzeit komplett überteuert und lassen sich nicht mit dem Euro-Dollar-Kurs und dem Rohölpreis rechtfertigen“, sagt die ADAC-Sprecherin Claudia Löffler der Berliner Zeitung.

Aus diesem Grund fordert der ADAC die Mineralölkonzerne auf, „die derzeitige Situation nicht auch noch auszunutzen und stattdessen die Steuersenkung eins zu eins an die Verbraucher weiterzugeben“. Die Konzerne sollten von dem Mittel, das die Bundesregierung sich zur Entlastung der Verbraucher ausgedacht habe, nicht auch noch profitieren, so Löffler. Vor allem an Aral- und Shell-Tankstellen habe man einen deutlichen Preisanstieg am Montag und Dienstag beobachten können.

Aral: Können die Preise nicht preisgeben

Die Berliner Zeitung hat den deutschen Ölkonzern Aral um eine Stellungnahme gebeten. Warum heben die Aral-Tankstellen die Preise an und womit hängt das zusammen? Die Antwort war verblüffend kurz. „Aus kartellrechtlichen Gründen ist es leider nicht möglich, Fragen zur Preisentwicklung zu beantworten. Wir müssen hier um Verständnis bitten“, antwortete die Aral-Sprecherin Eva Kelm.

Im Bund der Energieverbraucher reagiert man äußerst kritisch. Die Mineralölindustrie und die Tankstellen hätten dem Bund gesagt, so die Sprecherin Leonora Holling, dass sie angeblich jetzt noch teuren Sprit, den sie eingekauft hätten, verkaufen würden, sodass sie ab Mittwoch den Tankrabatt noch nicht weitergeben könnten.

„Dagegen sprechen aber die Informationen, die wir zuletzt mitbekommen haben, nämlich dass die Beschaffungspreise der Tankstellen für Benzin und Diesel seit Samstag nicht gestiegen sind, die Preise für die Endverbraucher aber schon.“ In der Rheinschiene zwischen Bonn und Dortmund liege der Anstieg sogar deutlich bei über zehn Cent. Super habe am Wochenende noch 2,06 Euro im Durchschnitt gekostet und jetzt schon 2,24 Euro.

Soll das Bundeskartellamt eingreifen?

Das Bundeskartellamt hat am Dienstag erklärt, dass die Behörde seit Monaten eine Entkopplung von Rohölpreis und Raffinerie- bzw. Tankstellenpreisen sehe bzw. die Mineralölkonzerne in ihrem Verhalten genau beobachte. Als Wettbewerbsbehörde könne man aber hohe, auch sehr hohe Preise nicht einfach verbieten, auch wenn der Wettbewerb im Kartell nur eingeschränkt funktioniere. Ein Widerspruch an sich?

„Eine Ausrede“, kommentiert die Sprecherin des Bundes der Energieverbraucher. „Es wäre dann dringend geboten, dass die Bundesregierung eine entsprechende Behörde auf den Weg bringt, die diese Mitnahmeeffekte des Tankrabattes eindeutig nachweisen kann und auch bekämpfen kann.“ Ansonsten mache der Tankrabatt keinen Sinn, genauso wie die EEG-Umlage für die Stromkunden, die am 1. Juni ebenfalls abgeschafft wird.

Ob der erwartete Ansturm auf die Tankstellen ab 1. Juni die Spritpreise wieder hochtreiben wird? Der Bund der Energieverbraucher könne das nicht vorhersagen. „Die Tankstellen haben uns jedoch auf Nachfrage gesagt, sie könnten nicht garantieren, dass sie dann noch Sprit hätten, also würden sie die höheren Preise erst mal weitergeben“, sagt Leonora Holling.

Die Verbraucher müssten sich also darauf einstellen, dass es ab Mittwoch vorerst doch keine merkbare Reduzierung der Spritpreise an Tankstellen geben werde. „Und was dann an den Tankstellen passiert, weiß kein Mensch“, schließt die Sprecherin skeptisch ab.