Lebensversicherung: Lieber verkaufen statt kündigen

Alte Versicherungsverträge sind bei Ankäufern noch begehrt. Und es gibt weitere Alternativen, um aus der Police vorzeitig Geld zu schöpfen.

Ist in die Lebensversicherung bereits einiges eingezahlt worden, stehen die Chancen gut, dass sich ein Verkauf auf dem Zweitmarkt lohnt.
Ist in die Lebensversicherung bereits einiges eingezahlt worden, stehen die Chancen gut, dass sich ein Verkauf auf dem Zweitmarkt lohnt.imago/Michael Bihlmayer

Zu schlecht verzinst bei hohen monatlichen Beiträgen oder das Geld wird gerade für etwas anderes viel dringender benötigt: Es gibt viele Gründe, weswegen Besitzer einer Lebensversicherungspolice darüber nachdenken, den Vertrag aufzulösen. „Den Vertrag einfach zu kündigen, ist in der Regel die schlechteste Variante“, sagt Barbara Weber, Versicherungsexpertin beim Geldratgeber Finanztip. Vorher sollten andere Alternativen geprüft werden. Ein Überblick.

1. Versicherungsvertrag anpassen

Wenn es sich nur um einen vorübergehenden finanziellen Engpass handelt, können Besitzer einer Lebensversicherungspolice zuerst einmal prüfen, ob sie durch kleinere Anpassungen im Vertrag ihre finanzielle Belastung senken können. „Viele Policen enthalten Zusatzversicherungen, nicht alle davon sind notwendig und können gegebenenfalls im Nachhinein gestrichen werden“, sagt Weber.

Dazu zählt beispielsweise die Unfalltod-Zusatzversicherung. „Sofern es nur um die eigene Altersvorsorge geht und kein anderer versorgt werden muss, ist auch ein vereinbarter Hinterbliebenenschutz auf den Prüfstand zu stellen“, rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Auch könne die Anpassung der Zahlungsweise Zuschläge sparen. So ist eine jährliche Zahlungsweise günstiger als eine monatliche Überweisung. In vielen Policen ist außerdem eine Dynamik Bestandteil des Vertrages, also eine jährliche Erhöhung der Beiträge. „Dieser können Versicherte aber auch widersprechen“, erklärt Weber.

2. Beiträge stunden oder Versicherung vorübergehend ruhend stellen

Viele Versicherer erlauben, die Zahlung der Beiträge für eine gewisse Zeit auszusetzen. Währenddessen bleibt der Versicherungsschutz erhalten, die ausgesetzten Beträge wie auch Zinsen für die Stundung müssen allerdings hinterher nachträglich beglichen werden. „Diese Variante sollte man nur dann nutzen, wenn man sicher weiß, dass man später tatsächlich die Beiträge wieder aufbringen und auch die gestundeten Beträge mit Zins und Zinseszins zurückzahlen kann“, so der Rat der Verbraucherzentrale.

Der Vertrag kann bei einigen Versicherern auch vorübergehend ruhend gestellt werden. In einem solchen Fall müssen die ausgesetzten Beiträge hinterher auch nicht nachgezahlt werden. Allerdings sinkt dadurch die Ablaufleistung und für die Dauer der Aussetzung besteht für den Versicherten kein Schutz, auch etwaige Zusatzleistungen wie ein Hinterbliebenenschutz würden nicht greifen.

3. Lebensversicherung beleihen

Eine andere Möglichkeit die Lebensversicherungspolice zu behalten und trotzdem vorzeitig an Geld zu kommen, ist es, die eigene Versicherung zu beleihen. Banken bieten spezielle Policendarlehen an, bei denen als Sicherheit für den Kredit die Lebensversicherung herhält. „Dafür können allerdings die Zinsen höher sein als bei einem normalen Ratenkredit“, sagt Weber. Verbraucher sollten sich daher immer ein Vergleichsangebot für einen normalen Ratenkredit einholen.

4. Lebensversicherung verkaufen

Spezielle Ankäufer zahlen ein paar Prozentpunkte mehr, als Versicherte bei einer Kündigung vom Versicherer erhalten würden. Denn die Anbieter führen den Vertrag weiter und profitieren somit am Ende auch von Überschüssen und dem Schlussbonus. Somit können sie dem Versicherten einen höheren Preis zahlen. „Zurzeit können wir den Kunden Angebote mit einem durchschnittlichen Kaufpreisvorteil von ein bis zwei Prozent gegenüber dem Rückkaufswert erstellen“, sagt Henning Kühl, Aktuar beim Ankäufer Policen Direkt. „Ältere Verträge mit höheren Garantiezinsen haben oft bessere Chancen auf ein attraktives Ankaufsangebot“, so Kühl. So seien Policen mit einem Beginn nach 2015 in der Regel zu jung für einen Ankauf.

Und es gibt weitere Voraussetzungen. Ankäufer nehmen in der Regel nur Verträge, die bereits ein paar Jahre geführt worden und mindestens 5000 Euro wert sind. Bedacht werden muss auch, dass bei einem Kauf Leistungen wie der Hinterbliebenenschutz wegfallen. Auch steuerlich kann ein Verkauf Auswirkungen haben. Für ab 2005 geschlossene Verträge fallen 25 Prozent Abgeltungssteuer auf den Gewinn an.

5. Vertrag widerrufen

Viele Lebensversicherungsverträge ab 1991 können heute noch widerrufen werden. Der Grund: Viele Versicherer haben ihre Kunden nicht korrekt über das Widerrufs- oder Widerspruchsrecht belehrt. Hat der Widerruf Erfolg, wird der Vertrag komplett rückabgewickelt – dies gilt sogar für bereits abgelaufene und ausgezahlte Verträge. Im Vergleich zu einer Vertragskündigung erhalten Versicherte häufig 30 bis 40 Prozent mehr, so die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Allerdings lohne sich ein Widerruf nicht immer. In Einzelfällen könne dabei ein Rückforderungsanspruch des Versicherers herauskommen. Die Verbraucherzentrale prüft gegen eine Gebühr Lebensversicherungen auf Widerruf.

6. Lebensversicherung kündigen

Als letzte Variante bleibt dann noch die Kündigung. „Das ist definitiv die teuerste Variante“, sagt Weber. Denn wer den Vertrag kündigt, bekommt Kosten wie zum Beispiel für den Abschluss der Versicherung nicht zurück. Auch Überschüsse, die dem Versicherten im weiteren Verlauf noch zustehen würden sowie der Schlussbonus sind dann weg. Im sogenannten Rückkaufswert, der dem Versicherten nach einer Kündigung zusteht, ist insbesondere in den ersten Jahren nach Vertragsabschluss noch nicht einmal die volle Summe der Beiträge enthalten, die bis dahin eingezahlt worden sind. Ein Teil des Geldes geht zum Beispiel für Verwaltungskosten drauf.

Ob im individuellen Fall die Kündigung dennoch eine Alternative sein kann – etwa weil die Versicherung auch ein externer Anbieter nicht mehr kaufen und weiterführen möchte – können Versicherte auch bei einer Beratung in einer Verbraucherzentrale oder bei einem unabhängigen Versicherungsberater prüfen lassen.