Mäzenatentum à la Bill Gates macht die Welt nicht gerechter

Die Initiative „Patriotische Millionäre“ fordert höhere Steuern für die Reichen und einen Systemwechsel. Mit dabei ist auch die BASF-Erbin Marlene Engelhorn.

Marlene Engelhorn: „Es braucht Strukturen.“
Marlene Engelhorn: „Es braucht Strukturen.“picture alliance/ORF/Günther Pichlkostner

Berlin-Kapitalisten sind vaterlandslose Gesellen, lautet eine beliebte vulgär-marxistische Einsicht, ihr Geld fließt dorthin, wo die Arbeit am billigsten ist. Das mag so sein, auch die Bezeichnung des Kapitals als „scheues Reh“ gehört zu diesen eilfertig herbei- und heruntergebeteten Allgemeinplätzen, die als steuerpolitische Phrase vor allem in den neoliberalen Nullerjahren durch die bekanntlich überaus sachverständigen Talkshows geisterten. Was aber, wenn sich zumindest ein Teil des Kapitals, nämlich die Superreichen, in einem internationalen Bündnis von „Patriotic Millionaires“ sammelt und ganz patriotisch fordert: Besteuere mich? Ich will mein Geld für das Gemeinwohl meines Landes geben!

„Die Probleme der Welt lösen wir nicht per Mausklick“

Die Gruppe von 102 Millionären und Milliardären – darunter auch die österreichische BASF-Erbin Marlene Engelhorn – veröffentlichte am Mittwoch einem offenen Brief. „Als Millionäre wissen wir, dass das derzeitige Steuersystem nicht fair ist“, heißt es darin. Warum ein bisschen Mäzenatentum à la Bill Gates nicht ausreicht, um die Welt gerechter zu machen, begründet Engelhorn so: „Ich sehe ja ein, dass man gerne durch Unternehmensgründungen und Start-up-Finanzierung die Probleme dieser Welt lösen will – am liebsten per App-Klick. Aber es braucht Strukturen.“ Auch die „Klimakrise bekommen wir nicht weggeklickt“, weiß die 29-jährige Studentin und Gründerin der Initiative Taxmenow.

Das gilt auch für die Corona-Krise. „Die meisten von uns können sagen, dass unser Vermögen während der Pandemie gewachsen ist, obwohl die Welt in den letzten zwei Jahren ein immenses Leid durchgemacht hat. Aber nur wenige von uns können ehrlich sagen, dass wir unseren gerechten Anteil zu den Steuern beigetragen haben“, lesen wir in dem Brief der „Patriotischen Millionäre“. Sie schlagen deswegen folgende Korrektur vor: Vermögen über fünf Millionen Dollar sollen mit zwei Prozent jährlich besteuert werden, Vermögen über 50 Millionen Dollar mit drei Prozent und Vermögen über einer Milliarde Dollar fünf Prozent. „Die dauerhaften Vermögenssteuern für die Reichsten, sollen Ungleichheit verringern.“

Mit dem Geld, geschätzt wären es jährlich mehr als 2,5 Billionen Dollar, könnten 2,3 Milliarden Menschen aus der Armut geholt und Corona-Impfstoffe für die gesamte Weltbevölkerung bezahlt werden. Erst kürzlich haben die „Patriotischen Millionäre“ im Verbund mit der Hilfsorganisation Oxfam die Studie „Taxing Extreme Wealth“ vorgestellt. Demnach habe sich die Kluft zwischen Arm und Reich weiter verschärft und die Vermögen der zehn reichsten Männer der Welt seit Beginn der Pandemie mehr als verdoppelt.