NDR: Mitarbeiter wollen Klarheit über politische Machenschaften
Über 70 Journalisten des Landesfunkhauses Kiel haben einen Offenen Brief an die Leitung des Senders geschrieben. Sie seien „schwer erschüttert“.

Nach dem Bekanntwerden diverser politischer Machenschaften beim öffentlich-rechtlichen Sender NDR Schleswig-Holstein verlangen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vollständige Aufklärung. In einem Offenen Brief, der der Berliner Zeitung vorliegt, schreiben die Mitarbeiter: „Die Veröffentlichungen zu den Vorwürfen der vergangenen Tage gegen einzelne Führungskräfte und Mitarbeiter*innen im NDR Schleswig-Holstein wiegen schwer und haben uns Kolleginnen und Kollegen, feste und freie, schwer erschüttert.“ Die Mitarbeiter fordern eine „lückenlose und transparente Aufarbeitung aller Vorwürfe“. Sie schreiben: „Uns geht es um Fakten, um sauberen Journalismus und letztlich um die Reputation unseres Senders.“ Die protestierenden Mitarbeiter fordern, dass alle Mitarbeiter „zeitnah und vollumfänglich über die weiteren Vorgänge informiert und am Aufarbeitungsprozess beteiligt werden“. Dafür müsse jetzt eine Form gefunden werden: „Es ist uns wichtig, dass alle Vorwürfe aufgeklärt werden. Nur so ist es möglich, verlorenes Vertrauen bei uns und bei den Zuschauer*innen, Zuhörer*innen und User*innen wieder herzustellen.“
Es ist bemerkenswert, dass die Erklärung mit Namen unterzeichnet ist – bis vor kurzem haben sich interne Kritiker an möglichen Missständen in den Sendern aus Angst vor Repressalien immer bedeckt gehalten. Den ganzen Tag über wurde in Kiel über die Vorfälle beraten. Ein Kritikpunkt der Journalisten war die Tatsache, dass bis zum Montag die in der Kritik stehenden Redaktionsleiter Julia Stein und Norbert Lorentzen die Sendungen abnahmen, in denen über den Skandal berichtet wurde. Als ruchbar wurde, dass auch die Forderung nach Abberufung der Führungskräfte Teil der Forderungen der Belegschaft sein könnte, zogen die beiden von sich aus die Reißleine und erklärten sich für befangen – womit die Sendungsabnahme nun von anderen Kollegen vorgenommen werden kann.
Auch der Rundfunkrat will sich in einer Untersuchungskommission mit dem Thema befassen. Doch bei den Mitarbeitern herrscht die Sorge, dass in einem solchen Gremium nur Personen vertreten sein könnten, die den Räten genehm sind. Doch sind viele im Sender der Auffassung, dass auch das Wirken des Rundfunkrats und der politischen Player kritisch durchleuchtet werden müssten. Nach Informationen der Berliner Zeitung waren einzelne Mitglieder im Rundfunkrat und in der Kieler Landespolitik seit 2018 über die Missstände informiert und seien untätig geblieben.