Nord Stream: Martin Sonneborn will herausgefunden haben, wer der Täter ist
Wer steckt hinter den Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines? Der oberste Satiriker der deutschen Europapolitik, Martin Sonneborn, hat eine ganz eigene Theorie.

Fast sieben Monate nach der Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines gibt es eine reiche demokratische Auswahl an Theorien, wer dahinterstecken könnte.
Laut dem US-Investigativjournalisten Seymour Hersh waren es die Amerikaner; die New York Times berichtet unter Verweis auf US-Geheimdienste über eine „proukrainische Gruppe“; die Zeit und die ARD verbreiten Ergebnisse der deutschen Ermittler mit einer „Spur in die Ukraine“; und Amateur-OSINT-Ermittler verdächtigen einen russischen Öltanker.
Der Deutsche Bundestag will am heutigen Mittwoch über einen Antrag der AfD beraten, der die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „zum Angriff auf Nord Stream“ fordert. Das 16-köpfige Gremium soll nach dem Willen der AfD aufklären, wie und mit welchen Erkenntnissen die Bundesregierung sich zu den Anschlägen in der Ostsee vom 26. September des letzten Jahres verhalten hat.
Martin Sonneborn zur Nord-Stream-Sabotage: „Ich glaube, es war Ronald Reagan“
Der Chef der Partei Die Partei und Abgeordnete im EU-Parlament Martin Sonneborn (57) hat inzwischen eine eigene Idee dazu, wer die Sabotage beauftragt haben könnte. „Ich glaube, es war Ronald Reagan“, sagt der ehemalige Titanic-Chefredakteur der Berliner Zeitung. „Die Washington Post hat gerade berichtet, dass die USA 1982 unter Reagan schon einmal eine russische Gaspipeline in Sibirien gesprengt haben. Es gab die größte konventionelle Explosion, die jemals vom Weltall zu sehen war, die Sowjetunion verlor Devisen und die Westeuropäer billiges Gas.“
Im Artikel der Washington Post unter dem Titel „Reagan Approved Plan to Sabotage Soviets“ [Reagan genehmigt Plan zur Sabotage der Sowjets] wird preisgegeben, wie US-Präsident Reagan einst einen CIA-Plan zur Sabotage der Wirtschaft der Sowjetunion durch verdeckte Technologietransfers genehmigte. Diese Technologietransfers enthielten versteckte Fehlfunktionen, darunter Software, die später eine riesige Explosion in einer sibirischen Erdgaspipeline auslöste. Es brauchte die Memoiren eines ehemaligen Beamten im Weißen Haus, Thomas C. Reed, um die Sabotage 22 Jahre nach dem Vorfall ans Tageslicht zu bringen.
Haben die Reagan-Leute die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines im Voraus organisiert, bevor die beiden Gasleitungen gebaut wurden? Martin Sonneborn erlaubt es sich wie die Vorberichterstatter, seine Theorie voller Lücken erst mal reifen zu lassen. Vielleicht kommt bei der Geschichte noch was raus?
„Frau von der Leyen weiß offenbar gar nichts“
Stattdessen sagt Sonneborn: „Was mich erschüttert, ist das vollkommene Desinteresse der EU, sich dafür zu interessieren, wer für die Zerstörung eines wichtigen Teils ihrer wesentlichen Infrastruktur verantwortlich ist. Gäbe es einen Kratzer in der Pipeline, die uns mit Gas aus Aserbaidschan versorgt – im neuesten Freedom-House-Ranking wurde die Diktatur gerade auf einen der letzten Plätze heruntergestuft, weit hinter Russland –, wir würden lautstark Aufklärung fordern und mit Sanktionen drohen.“
Seine Kritik richtet Herr Sonneborn auch an die Adresse der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. „Frau von der Leyen weiß offenbar gar nichts“, so unser Gesprächspartner. „Sie, die eigentlich die Interessen von 450 Millionen EU-Bürgern vertreten müsste, erklärt stattdessen einfach: ‚Der tadellose Ruf des amerikanischen Staates erlaubt es uns, diese Version außer Acht zu lassen. In all den Jahren der amerikanischen Existenz wurde keine einzige Tatsache der Verletzung des Völkerrechts oder Handlungen außerhalb des Rahmens des Völkerrechts festgestellt und bestätigt.‘“
Völkerrechtler würden das aber etwas anders sehen, sagt Sonneborn und möchte an der Stelle nur an den Irakkrieg erinnern, „einen absoluten Bruch des Völkerrechts“.
Und was sagt der Deutsche Bundestag dazu?
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