Berlin - Wir stärken die Pflege – so heißt die Kampagne des Bundesgesundheitsministeriums zu der Anfang des Jahres in Kraft getretenen Pflegereform. Doch nun stellt sich heraus: Trotz der Anhebung der Leistungen aus der Pflegeversicherung zum 1. Januar müssen Heimbewohner in Berlin mehr aus der eigenen Tasche bezahlen als vor dem Inkrafttreten der Reform.
Das geht aus neuen Berechnungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV) hervor, die der Berliner Zeitung vorliegen. Die Zahlen aus der PKV-Pflegedatenbank gelten für alle Versicherten, da die private und die gesetzliche Pflegeversicherung die gleichen Leistungen haben. Grund für die wachsenden Eigenbeiträge sind die steigenden Kosten für einen Platz in einem der rund 380 Pflegeheime in Berlin. Die Daten zeigen auch, dass die Heimkosten in der Hauptstadt über dem bundesweiten Durchschnitt liegen.
Schleichende Entwertung
Zum 1. Januar 2015 wurden mit der Pflegereform die Zuweisungen für einen Heimplatz je nach Pflegestufe zwischen 41 und 62 Euro angehoben. In der höchsten Pflegestufe III werden derzeit beispielsweise 1612 Euro gezahlt. Die durchschnittlichen Heimkosten kletterten jedoch stärker, und zwar abhängig vom Pflegebedarf zwischen 56 und 77 Euro. Wer die Pflege nach der Stufe I benötigt, muss derzeit in Berlin für einen Heimplatz im Schnitt 2 756 Euro zahlen. In Stufe II sind 3336 Euro fällig, in Stufe III 3 750 Euro. Im Bundes-Schnitt sind die Heime jeweils rund 300 Euro billiger.
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Damit steigen die Anteile, die die Hilfebedürftigen in Berlin selbst aufbringen müssen, trotz verbesserter Pflegeleistungen an. Der Eigenanteil in Pflegestufe I wächst um rund 15 Euro auf 1692 Euro, in der Stufe II um 18 Euro auf 2006 Euro und um 15 Euro auf 2 138 Euro in der Stufe III. Kann ein Pflegebedürftiger diese Beträge nicht aus seinen Alterseinkünften zahlen, ist er auf Sozialhilfe angewiesen. Die Sozialämter können sich das Geld bei den Kindern zurückholen.
Die wachsenden Eigenanteile bestätigen einen längerfristigen Trend: Die Leistungen der Pflegeversicherung werden schleichend entwertet, weil die Kosten stärker steigen als die Zuweisungen aus der Pflegeversicherung. Berechnungen haben ergeben, dass die Leistungen seit Einführung der Pflegeversicherung im Jahre 1995 mehr als 25 Prozent an Wert verloren haben. Auch die zum 1. Januar diesen Jahres erfolgte Erhöhung der Zahlungen um vier Prozent hat den Wertverfall nicht stoppen können. Pflegeexperten fordern daher seit längerem, die Erhöhung der Leistungen nicht dem Belieben der Politik zu überlassen, sondern feste Regeln für eine regelmäßige Aufstockung festzulegen.
Der PKV-Verband sieht in den wachsenden Eigenanteilen der Pflegebedürftigen einen Beleg dafür, dass mehr Eigenvorsorge nötig ist. „Je früher man damit beginnt, desto geringer sind die Beiträge“, sagte Verbandsdirektor Volker Leienbach und verwies unter anderem auf den „Pflege-Bahr“. Diese Zusatzversicherung wird vom Staat mit jährlich 60 Euro bezuschusst. Sie eignet sich aber trotz Förderung nicht für jeden Interessenten. In vielen Fällen können ungeförderte Verträge sogar sinnvoller sein, weil sie in der Vertragsgestaltung flexibler sind.