Schwaches Werbegeschäft bei ProSiebenSat.1

Das Kerngeschäft der Senderfamilie, der Verkauf von Fernsehwerbung, ist nach wie vor rückläufig. Das Ergebnis bricht um 14 Prozent ein.

München-Es ist amüsant, sich vorzustellen, wie die Manager von ProSiebenSat.1 bis dato gänzlich unbekannte Wertschöpfungsketten erfinden: Ihre Kunden sind Singles, die es nicht bleiben wollen. Folglich melden sie sich bei der Kontaktbörse Parship an. Vor dem ersten Date, zu denen sie mit einem bei Billiger-Mietwagen.de gebuchten Auto fahren, sprühen sich die Noch-Singles mit einem Duft ein, den sie bei der Online-Parfümerie Flaconi erstanden haben. Zum ersten Jahrestag schenken sie sich Gutscheine für ein Event von Jochen Schweizer. Und wenn der erste Lack ab ist, bestellen sich die Paare Sexspielzeug beim Online-Erotikversand Amorelie.

Das Logo und der Schriftzug der "ProSiebenSat.1 Media SE" sind auf einem Schild vor dem Vorstandsgebäude zu sehen
Das Logo und der Schriftzug der "ProSiebenSat.1 Media SE" sind auf einem Schild vor dem Vorstandsgebäude zu sehen

Tatsächlich gehören Parship, Billiger-Mietwagen.de, Flaconi, Jochen Schweizer und Amorelie dem TV-Konzern ProSiebenSat.1. Und in der Bilanz des Jahres 2019 spielen diese Unternehmenstöchter, die in einer Holding namens NuCom gebündelt sind, eine nicht unerhebliche Rolle: Zusammen mit der konzerneigenen Produktionsfirma Red Arrow trugen sie 52 Prozent zum Umsatzwachstum der Sendergruppe bei. Nur deshalb legten die Erlöse von ProSiebenSat.1 im vergangenen Jahr um drei Prozent auf 4,135 Milliarden Euro zu. Soweit die guten Nachrichten.

Ausbau des E-Commerce

Die schlechte Nachricht lautet, dass das Kerngeschäft der Senderfamilie, der Verkauf von Fernsehwerbung, nach wie vor rückläufig ist. 2019 gingen im Segment Entertainment die Umsätze um vier Prozent auf 2,518 Milliarden Euro zurück. Das neue Streaming-Portal Joyn, das bereits auf sieben Millionen Nutzer kommt, ist einstweilen nicht mehr als eine Hoffnung für die Zukunft. Noch häuft es nur Anlaufverluste an.

Schaut man sich die Gewinnentwicklung von ProSiebenSat.1 an, werden die Probleme des Konzerns erst so richtig deutlich: Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) brach um 14 Prozent auf 872 Millionen Euro ein. Daran konnten auch die in der NuCom zusammengefassten Online-Portale nichts ändern: Trotz eines Umsatzsprungs von 16 Prozent ging das Ebitda in diesem Segment um vier Prozent zurück.

Abermals zeigte sich, dass der elektronische Handel, der sogenannte E-Commerce, zumindest im Vergleich zum Geschäft mit der Fernsehwerbung, ausgesprochen margenschwach ist.

Und doch sieht der nicht unumstrittene Vorstandsvorsitzende von ProSiebenSat.1, Max Conze, dessen Vertrag im Frühjahr zur Verlängerung ansteht, zu einem weiteren Ausbau der E-Commerce-Aktivitäten seines Konzerns offenbar keine Alternative: Auf der Bilanzpressekonferenz wurde bekannt gegeben, dass NuCom die an der New Yorker Nasdaq notierte US-Kontaktbörse Meet Group zu einem Preis von 500 Millionen Dollar übernehmen will.

Für das laufende Jahr rechnet ProSiebenSat.1 mit einem leichten Erlösanstieg auf 4,3 Milliarden Euro sowie mit einem stabilen Ebitda. Allerdings ist diese Prognose ein Muster ohne Wert. In sie sind weder die durch den Ausbruch des Coronavirus verursachten volkswirtschaftlichen Verwerfungen eingepreist, noch die Akquisition der Meet Group.